Rezension

Sülter fasst sich kurz: Kritik zu Star Trek: Strange New Worlds 1.03 “Ghosts of Illyria”

© Paramount

Unser Björn Sülter blickt auf die dritte Episode aus “Star Trek: Strange New Worlds” namens “Ghosts of Illyria”.

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Endlich ist Paramount+ (und somit auch Star Trek: Strange New Worlds) in Deutschland angekommen. Vielerorts gibt es bereits ausführliche Rezensionen, die jeden Winkel der neuen Serie ausleuchten. Bei uns findet ihr das Kontrastprogramm: die Kurzmeinung unseres Chefs, der – falls gewünscht – die Langfassung dann im Podcast Planet Trek fm an der Seite von Claudia Kern nachliefert.

Worum geht´s?

Nach dem Besuch einer Kolonie von Illyrianern kommt es auf der USS Enterprise zum Ausbruch einer merkwürdigen Krankheit, während Una ein Geheimnis mit sich zu tragen scheint und Pike und Spock einen Ionensturm auf der Oberfläche überleben müssen …

Was geht ab?

So ziemlich jede Star Trek-Serie ist in der Vergangenheit dem gleichen Muster gefolgt: Man präsentierte uns früh eine Episode, in der alle durchdrehen, krank werden und sich anders verhalten als gewohnt. Darin lag aber meist auch ein Problem: Die Episoden kamen derart früh, dass man das gewohnte Verhalten noch gar nicht kannte. Ob in The Naked Time (TOS, vierte ausgestrahlte Episode), The Naked Now (TNG, direkt nach dem Pilotfilm), Babel (DS9, vierte ausgestrahlte Episode) oder Strange New World (ENT, dritte ausgestrahlte Episode und ja, die Episode hieß wirklich so) – immer war man eigentlich zu früh dran, um die vorgeführte Eskalation auf ein gewachsenes Fundament stellen zu können. Dennoch ging man hier einen ähnlichen Weg. Mit Erfolg.

Im Mittelpunkt steht erstmals Una Chin-Riley alias Nummer Eins, die in einer Art von Ripley-Soloshow den Tag retten muss, während Pike und Spock (in amüsant durchgespielten Szenen) auf der Oberfläche in einem Sturm festsitzen und an Bord der Enterprise eine Licht-Virus-Epidemie ausbricht (die uns mit Lockdown und Kontaktverfolgung unschön an die Corona-Zeit erinnert). Rebecca Romijn war in den ersten beiden Episoden noch etwas undefiniert und blass geblieben, was aber auch an der recht ähnlichen Dynamik zwischen Spock und Pike sowie den interessanten und präsenten Randfiguren wie La’an, Chapel, Ortegas oder Uhura lag, die allesamt die Blicke auf sich zogen. Hier erhält sie die Gelegenheit, die gesamte Dramaturgie zu tragen, was ihr problemlos gelingt. Dabei kommt es ihr jedoch auch sehr zugute, dass Spock und Pike dramaturgisch aus dem Weg geräumt wurden.

Durch den Zwischenfall erfahren wir sogar etwas Unerwartetes über ihre Vorgeschichte: Sie ist Illyrianerin und genetisch verbessert, hat die Sternenflotte darüber belogen und bleibt nur dank Pikes Zuspruch und Kampfeslust in Amt und Würden. Angesichts der Figur der La’an (als Nachfahrin von Khan) ist es äußerst witzig, dass Una diese Story zugeschrieben wurde, während die Kollegin schon ihr ganzes Leben und Vorurteilen leidet, obwohl sie ein normaler Mensch ist. Clever!

Auch die Szenen um Chefingenieur Hemmer wissen durchweg zu gefallen, weil dieser einen anarchischen Humor mitbringt, der vielen anderen Serien fehlt. Zudem begeistert die Enthüllung über Dr. M’Benga, der mit seiner kranken Tochter im Musterpuffer des Transporters eine Tragik erhält, die zu Tränen rührt. Wie sagt er so schön? Er ist Chefarzt auf dem Flaggschiff der Sternenflotte. Er sollte doch etwas für seine eigene Tochter tun können. Nun, so einfach ist das offenbar nicht. Es dürfte spannend sein, wie diese Geschichte weitergeht.

Nichts vormachen muss man sich, was die Zusammensetzung der Story angeht: Die Autoren kombinieren alles, was ihnen aus dem reichhaltigen Trek-Fundus in die Finger kam. Da wären der Ionensturm, Transporterprobleme, Crewmitglieder in Gefahr, Verhaltensveränderungen aufgrund einer unbekannten Krankheit, mysteriöse Lichtwesen und eine Person, die alle retten muss. Remix nennt man ein derartiges Best of wohl am treffendsten. Da die Macher sich allerdings auf ihre Figuren, ihr Setting und die Einzigartigkeit ihrer Serie konzentrieren, fällt dieser Aspekt nicht ins Gewicht.

Strange New Worlds ist (bisher) eine Ensembleshow im besten TNG-Sinne, die ihre Figuren ernst nimmt, dem klassischem Star Trek insbesondere in Sachen Herz und Humor huldigt und dabei auf Elemente zurückgreift, die auch früher schon gut funktioniert haben. Moderne Klassiker sozusagen. Doch sind Klassiker eben aus gutem Grund Klassiker. Durch die Augen einer neuen Generation von Fans betrachtet, dürfte diese Serie das beste Beispiel dafür sein, wie stark Star Trek auch heute noch sein kann. Dass sie nebenbei auch alten Trek-Hasen so viel Freude macht, ist die Cocktailkirsche auf dem Kuchen.

gezeichneter Kirk in der Klassik-Uniform, zeigt den Daumen nach oben, Urteil "Super!"

Fazit

Auch auf die Gefahr hin, dass ich wie eine alte Schallplatte mit Sprung klinge: Die dritte Episode der Serie unterhält bestens, macht uns nachdenklich, bietet spannende Denkansätze und liefert viele Informationen über die noch neuen Figuren.

Dazu gesellen sich tolle visuelle Effekte, starke schauspielerische Leistungen, Tragik, Humor, Action und Erkenntnisse über die Serienwelt. Dass all das auf dem Remix bekannter Versatzstücke beruht, stört keine Sekunde, weil es frisch und kreativ an die Einzigartigkeit dieser Crew angepasst wurde. Weiter so!

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