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Jochens Spielekiste #07: Star Trek Chrono-Trek

© LooneyLabs/Gale Force Nine
© LooneyLabs/Gale Force Nine

In dieser Rubrik befassen wir uns mit trekkigen Spielen und berichten euch sowohl vom Spielerlebnis als auch von den Hintergründen. Weiter geht es mit Star Trek Chrono-Trek.

Fuß vom Gaspedal

Nach dem „Staffelstart“ mit dem opulenten Star Trek Fleet Captains wird es nun wieder etwas bescheidener. Mit Star Trek Chrono-Trek steht nämlich dieses Mal ein Kartenspiel in den Startlöchern. Und noch passender zu Star Trek Fluxx, dem zweiten Spiel der ersten „Staffel“ von Jochens Spielekiste, kann es eigentlich kaum sein. Denn beide Spiele sind nicht nur vom gleichen Hersteller LooneyLabs (dieses Mal in Kooperation mit Gale Force Nine, den Machern von Ascendacy und dem – Spoileralarm – nächsten hier vorgestellten Spiel), die Übereinstimmungen gehen noch viel weiter. Beides sind cartoonige und humorige Kartenspiele, die im gleichen Stil gehalten sind und zum Teil sogar exakt die gleichen Artworks teilen. Des Weiteren haben beide ihren Ursprung in Spielen, die eigentlich nichts mit Star Trek zu tun haben, denen aber das Star Trek-Thema übergestreift wurde. Und bei beiden bemerkt man: das macht nichts, denn hier waren Leute am Werk, die sich mit Star Trek auskennen. Chrono-Trek ist nämlich die Star Trek-Variante des etwas älteren Chrononauts, für das es sogar, anders als für Chrono-Trek, einige Erweiterungen gibt.

Komm zur Sache, Jochen!

Im Spiel schlüpft man in die Rolle von einem von stolzen zweiunddreißig Charakteren aus dem Star Trek-Universum, die sich in vier Schwierigkeitsgrade aufteilen, also acht Alter Egos pro Stufe. Jede dieser Figuren hat andere Ziele, die es zu erreichen gilt, aber alle haben das gleiche Problem: sie sind in der Zeit verschollen und versuchen ihre eigene Zeitlinie wieder herzustellen. Wer welchen Charakter spielt ist übrigens geheim und somit sind die individuellen Ziele den Mitspielern unbekannt. Nur ein Ziel haben alle gemein: die aus All good things (Gestern, heute, morgen) bekannte Anomalie aus dem Devronsystem sollte sich nicht bis zum Beginn der Zeitachse in der Zeit rückwärts ausdehnen, sonst verlieren alle … außer einer der Spieler hat Q als Charakter, denn das ist seine ganz spezielle Siegbedingung. Verwirrt?

Ja, erklär es uns, Jochen!

Gucken wir uns kurz den Spielaufbau an. Auf dem Tisch liegt eine Zeitlinie in Form von 36 Karten aus, die jeweils einen bestimmten Zeitpunkt markieren. Die Zeitspanne reicht von 3,5 Milliarden Jahren in der Vergangenheit bis ins Jahr 2395. Alle Karten sind doppelseitig bedruckt. Auf der Rückseite steht zwar das gleiche Datum, allerdings offenbaren sie eine andere Realität. Einige dieser Karten beeinflussen dann wiederum andere Karten. Ein Beispiel? 1930 stirbt Edith Keeler, bekannt aus der TOS-Episode The City on the Edge of Forever (Griff in die Geschichte), bei einem Autounfall. In der alternativen Realität wird sie gerettet. Dadurch gewinnen 1945 allerdings die Nazis den 2. Weltkrieg, statt einer Mondumrundungsmission 1968 kommt es zum ersten eugenischen Krieg und 2161 wird nicht die Föderation gegründet sondern die Confederacy of Star Allies. Die Ereignisse aus der Star Trek-Welt sind dabei korrekt dargestellt, was zeigt, dass die Adaption auf das Franchise von fachkundigen Fans durchgeführt wurde. Lediglich eine Sache kam mir komisch vor: das Zusammentreffen von Enterprise-D und Enterprise-C wurde ins Jahr 2364 gelegt. Das entspräche der ersten Staffel von TNG. Da Yesterday’s Enterprise (Die alte Enterprise) aber in der dritten Staffel spielt, sollte das Jahr eher 2366 sein. Vielleicht hat sich dieser Fehler durch die Anwesenheit von Tasha Yar eingeschlichen, die ja in der normalen Zeitlinie bereits 2364 verstorben ist. Aber seis drum.

Die Mitspieler sind nacheinander an der Reihe und ziehen und spielen Karten. Dabei gibt es solche, die es erlauben die Zeitlinie zu verändern oder sich Karten vom Gegner, aus dem Nachziehstapel oder sogar dem Ablagestapel anzueignen. Man kann Aktionen der Gegner ungeschehen machen, Artefakte ausspielen (oder vernichten oder stehlen) und sich zusätzliche Handkarten zulegen. Manche Karten machen auch tabula rasa und lassen die Spielteilnehmer ihre Charaktere untereinander oder gleich gegen völlig neue tauschen oder rearrangieren wild die Karten der Spieler. Und manchmal muss man die Anomalie aus dem Devronsystem rückwärts in der Zeit wachsen lassen. Dass der Humor dabei nicht zu kurz kommt, versteht sich von selbst. Karten wie „Your parents never met“ greifen klassische Zeitreise-Paradoxons auf und natürlich braucht Janeway zum Sieg als Artefakt einen Becher Kaffee und Picard einen Earl Grey Tee, während Archer ohne seinen geliebten Beagle Porthos nicht gewinnen kann. Die verschiedenen Möglichkeiten, mit denen Veränderungen in der Zeitlinie durchgeführt werden, sind mannigfaltig und reichen von Zeitreiseschiffen über bajoranische Drehkörper bis zum Guardian of Forever.

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© LooneyLabs/Gale Force Nine

Und wie läuft es dann so ab, Jochen?

Dazu kommen wir jetzt, stürzen wir uns also direkt ins Spiel. Dieses Mal ist Konrad, mittlerweile Star Trek Ascendancy-Veteran, mit am Start. Die Zeit, die ich gebraucht habe, um diesen und die letzten beiden Sätze zu schreiben, entspricht in etwa der Dauer der ersten Partie. Ich fange an. Ich ziehe eine Karte. Ich spiele eine Karte, drehe eine Karte in der Zeitlinie um. In der nächsten Runde spiele ich ein Artefakt aus. Gewonnen. Konrads „Ok, das ging schnell.“ spiegelt auch meine Verwunderung wider. Die nächste Runde ist ebenfalls nur von kurzer Dauer, wenn es auch ein paar Spielzüge mehr braucht. Also erhöhen wir den Schwierigkeitsgrad und ziehen für das nächste Spiel Charaktere der Stufe 2. Ein Blick auf meine neuen Zielvorgaben verwundert … ich erkenne keinerlei Verschärfung zu meiner vorherigen Stufe 1. Konrad geht es ähnlich. Die 16 Charaktere des Schwierigkeitsgrads 1 und 2 benötigen mit einer Ausnahme zum Sieg alle ein Element der Zeitlinie, das schon vom Start an richtig liegt, ein Element, das man verändern muss und ein bestimmtes Artefakt, wobei Dax sogar aus einem von zwei Artefakten wählen kann. Einzige Ausnahme ist Arne Darvin, der zwei Elemente der Zeitlinie ändern muss. Dementsprechend schnell ist die Runde dann auch wieder vorbei. Wir erhöhen nochmal, auf Stufe 3. Minimal schwierigere Bedingungen, aber wenn man ehrlich ist immer noch „pillepalle“. Viel ins Gehege kommt man sich nicht, zumindest bei nur zwei Spielern. Mal gewinnt Konrad, mal gewinne ich, aber so richtig rund geht es nicht. Okay, noch ein Spiel. Höchste Schwierigkeitsstufe, nämlich 4. Ein Blick auf die Karte zeigt: hier muss man wohl komplexere Bedingungen erfüllen, um den Sieg zu erlangen. Und ja, das ist tatsächlich so, aber als sonderlich große Herausforderung stellt es sich auch nicht heraus. Wir brechen nach diesem Spiel erst einmal ab. Unser Fazit bis dahin: nicht besonders anspruchsvoll, Spaßfaktor medium, kurze Runden, zum Teil wartet man einfach darauf, ein bestimmtes Artefakt auf die Hand zu bekommen oder darauf, es dem Gegner klauen zu können.

Weitere Tests zeigen später dann allerdings (nicht verwunderlich), dass das Spiel mit mehr als zwei Spielern etwas interessanter wird, da man sich gegenseitig häufiger stört und den Mitspielern öfter die Zeitlinie verpfuscht, die Artefakte schneller mal den Besitzer wechseln und die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass jemand den Effekt der zuletzt ausgespielte Karte eines Anderen negiert oder die Karte gleich ganz aus dem aktiven Spiel schmeißt. Generell machen die höheren Schwierigkeitsgrade dabei mehr Spaß. Es müssen aber nicht zwangsläufig alle Mitspieler den gleichen Schwierigkeitsgrad wählen. Auf diese Weise kann man Anfängern den Einstieg gegen „Veteranen“ erleichtern.

Absurd kann es übrigens werden, wenn zwei Spieler mit den „richtigen“ Charakterkarten der Stufe 3 gegeneinander antreten. Dr. Phlox und Berlinghoff Rasmussen haben nämlich beide als Ziel, lediglich drei Artefakte zu sammeln. Dadurch würde eine Runde entstehen, bei dem die Timeline von beiden Spielern völlig ignoriert wird, und diese nur versuchen, die richtigen Karten vor sich abzulegen. Schräg, aber nicht gut schräg, weil es die Grundidee des Spiels überflüssig macht.

Jochen, bring es nochmal auf den Punkt!

Leider ist das Spiel nicht ganz einfach käuflich zu erwerben und wenn man es doch irgendwo findet, dann kann der hohe Preis berechtigterweise vom Kauf abschrecken. Fast 25 Euro werden normalerweise aufgerufen. Als Zweispielerspiel ist es meiner Meinung nach nicht zu gebrauchen, aber in größerer Runde kann man ruhig die eine oder andere launige Partie wagen.

Infos

Name: Star Trek Chrono-Trek

Hersteller: LooneyLabs (www.looneylabs.com) in Kooperation mit Gale Force Nine

Spieldauer: 15 – 45 Minuten (oder auch mal wesentlich weniger)

Spieler: 2 bis 6

Alter: ab 11 Jahren

Erweiterungen

bisher keine

Hoch
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