Total fantastisch!

Die große Fantasy-Film-Rewatch-Reihe #7: Willow

© MGM

Bernd Perplies reist heute an der Seite von “Willow” durch die Geschichte des fantastischen Films.

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Ein Militärführer des Bösen, der sein Gesicht hinter einer grausamen Maske verbirgt. Ein charmanter Schurke, der so flink mit der Zunge wie mit der Waffe ist und keine Lust hat, sich einer Rebellion anzuschließen. Eine Prinzessin, die sehr gut ihren Mann stehen kann und sich trotzdem in besagten Schurken verliebt. Zwei lustige Sidekicks, die ein unzertrennliches Paar sind.

Und ein Protagonist, der das Leben eines kleinen Farmers führt, bevor ihn die Umstände in ein großes Abenteuer verwickeln. Wenn man das so hört und dazu noch der Name George Lucas fällt, könnte man an Star Wars denken. Doch viele der Motive, die der Filmemacher in seiner Saga verwendete, finden sich auch in einem anderen Film wieder, den er konzipierte und als Produzent begleitete: Willow von Ron Howard aus dem Jahr 1988, eine Art Fantasy-Star Wars, wenn man so will.

Auch der kleinste Held kann die Welt verändern

Erzählt wird die Geschichte des kleinwüchsigen Nelwyn Willow Ufgood. (Gespielt wurde er Warwick Davis, der 1983 sein Debüt als Ewok Wicket in Die Rückkehr der Jedi-Ritter gab und seitdem eine eindrucksvolle Karriere im fantastischen Film hingelegt hat.) Willow wäre gern ein Zauberer, ist eigentlich aber nur ein Schweinebauer ist. Durch einen Zufall findet er am Fluss ein Daikini/Menschen-Baby und nimmt es mit nach Hause. Doch Elora Danan, wie das Neugeborene heißt, ist, wie sich später zeigt, etwas Besonderes. Sie soll der Herrschaft der tyrannischen Herrscherin Bavmorda ein Ende setzen. Entsprechend ist diese auf der Jagd nach dem Kind. Als ein Bestien-Spürhund der Königin das Dorf der Nelwyns überfällt, wird Willow mit ein paar Gefährten losgeschickt, um das Baby irgendeinem Daikini in die Arme zu drücken. Sollen die sich damit herumärgern. Große Probleme sind nichts für kleine Leute.

Doch so einfach ist das nicht! Vielmehr beginnt für Willow an diesem Punkt die klassische Heldenreise, während der er fragwürdige Gefährten wie den von Hollywood-Star Val Kilmer verkörperten Schurken Madmartigan oder die zwei vorwitzigen, handgroßen Brownies Rool und Franjean trifft, dargestellt von den US-Komikern Kevin Pollack und Rick Overton. Willow wird die Königin der Feen treffen, die verfluchte Zauberin Fin Raziel retten und am Ende gegen den finsteren General Kael und seine Herrin Bavmorda antreten. George Lucas’ Lieblingsthema, der Widerstand des „kleinen Mannes“ gegen finstere, autoritäre Systeme, wird hier in seiner Wortwörtlichkeit auf die Spitze getrieben.

Ein besonderes Effektspektakel

Der Film, der zuvor schon 15 Jahre in Lucas’ Kopf herumspukte, sticht insofern aus den Fantasy-Produktionen seiner Zeit heraus, als dass er kein Barbarenstreifen und keine Märchenadaption ist, sondern tatsächlich versuchte, ein echtes High-Fantasy-Abenteuer zu sein – Lucas ging hier wirklich wieder eigene Wege, indem er seinen Stoff nicht in einer mythischen Vorzeit oder in einem magischen Land irgendwo auf unserer Erde ansiedelte, sondern eine ganz eigene Welt erschuf, von der wir zugegebenermaßen nur kleine Teile in Willow zu sehen bekamen. Etliche Kritiker warfen dem Film damals vor, bloß ein Effektspektakel zu bieten, hinter dem die menschliche Botschaft zurückbleibt. Doch im Kontext einer Fantasy-Film-Geschichte betrachtet, nimmt Willow wirklich eine bemerkenswerte Sonderstellung ein.

Denn, ja, es wurden damals von der Star Wars-Effektschmiede ILM alle tricktechnischen Register gezogen, um eine fantastische Welt zu erschaffen. In überdimensionierten Kulissen gefilmte Brownie-Darsteller, vor Bluescreen zum Schweben gebrachte Feen, elektronisch animierte Ungeheuer und erste Experimente überhaupt mit digitalem Morphing machen den Film zum Lehrbeispiel für Spezialeffekte, der, wie sich ILM-Altmeister Dennis Muren erinnert, an der Schwelle der alten, photochemischen Ära zum neuen Digital-Zeitalter stand.

Insbesondere für die Transformation der Zauberin Fin Raziel (Patricia Hayes) ist Willow berühmt. Es wurde überlegt, die Szene, in der Willow verzweifelt versucht, Fin Raziel aus ihrer tierischen Form in einen Menschen zurückzuverwandeln, mit Modellen, Überblendungen und Schnitten-weg-vom-Geschehen zu realisieren. Doch Muren glaubte, dass es seinen Leuten gelingen könnte, die Szene ohne Tricks wie Gegenschnitte auf Willow zu lösen.

Dazu wurden verschiedene Tiermodelle und Modelle tierischer Zwischenstadien gefilmt (gebraucht wurden eine Ziege, ein Strauß, eine Schildkröte und ein Tiger). Anschließend wurde ein von ILM extra für Willow entwickeltes Computerprogramm namens MORF mit dem Bildmaterial gefüttert. Das führte danach eine Aufnahme in eine andere über, indem digital die Zwischenbilder generiert wurden – wer sich dafür im Detail interessiert, mag sich die Dokumentation auf der Willow-Blu-Ray anschauen. Das Ganze sorgte am Ende für eine fließende Metamorphose, die gleichzeitig der erste Blick in die Zukunft des Filmemachens war.

Willows Erbe

Doch nicht nur die Effekte, sondern auch George Lucas’ Wille, eine glaubwürdige fantastische Welt zu schaffen, macht Willow so sehenswert und gewissermaßen zu einem frühen Vorfahren von Fantasy-Epen wie Peter Jacksons Herr der Ringe-Verfilmung. Wer sich heute das Dorf der Nelwyns in Willow genau anschaut, wird nicht nur wegen seiner kleinwüchsigen, lebenslustigen Bewohner unwillkürlich an die Welt der Hobbits denken – obwohl nicht im landschaftlich üppigen Neuseeland, sondern im englischen Wald vor London gedreht wurde.

Andere Drehorte waren übrigens Wales und die berühmten Elstree Studios in England, in denen auch Star Wars entstanden war und in denen die am Ende des Films umkämpfte Burg Tir Asleen komplett künstlich erreichtet wurde. Tatsächlich ging es übrigens auch kurz nach Neuseeland, denn für einen Plotteil im eisigen Gebirge gab es im Sommer 1987 während der Dreharbeiten einfach zu wenig Schnee in Großbritannien.

Willow lief damals – aufgrund einiger Konkurrenz in den Lichtspielhäusern – nur mit mittelmäßigem Erfolg und die Kritiken fielen durchwachsen aus. Trotzdem wurde die Geschichte fortgesetzt und zwar zunächst in Buchform. Shadow Moon, Shadow Dawn und Shadow Star von Chris Claremont erschienen zwischen 1995 und 2000 (etwas später bei Heyne auch auf Deutsch) und handelten von der inzwischen zur jungen Frau herangewachsenen Elora Danan. Bereits kurze Zeit später, im Jahr 2005, gab es erste Pläne von Lucas und Warwick Davis, Willows Abenteuer als Fernseh-Serie weiterzuerzählen. Doch es sollte noch bis 2022 dauern, bis das Projekt dann auf Disney+ ausgestrahlt wurde. Allerdings blieb es bis heute bei einer Staffel mit 8 Episoden, und das ist vielleicht gut so. Die Magie des ursprünglichen Kinofilms vermochten die Macher nämlich leider nicht mehr einzufangen.

Fun-Fact: In einem eigenwilligen „Racheakt“ an seinen Kritikern benannte George Lucas die Figur des unbarmherzigen General Kael in Willow seinerzeit nach der bekannten Filmkritikerin Pauline Kael. Und auch der zweiköpfige Drache, im Drehbuch als Eborsisk bezeichnet, verdankte seinen Namen zwei Filmkritikern: Roger Ebert und Gene Siskel. (Die den Film übrigens beide doof fanden.)

Informationen zum Redakteur

Perplies mittel

Bernd Perplies

Website: http://www.bernd-perplies.de
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Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Bernd_Perplies

Bernd Perplies verbringt schon sein ganzes Leben mit Zwergen und Sturmtrupplern, Vampiren und Vulkaniern. Prägende Jugendjahre voller Abenteuer an der Seite von Perry Rhodan, Jean-Luc Picard, Gandalf und Luke Skywalker sorgten für eine Anhäufung unnützen Wissens über neue Welten, neues Leben und neue Zivilisationen fernab der Realität. Um dieses Wissen sinnvoll weiterverwerten zu können, entschied er sich für eine Laufbahn als Schriftsteller, Übersetzer und Journalist.

Seitdem hat er zahllose Artikel für die SpaceView, das Phantastika Magazin und Tor Online verfasst, rund 20 Star Trek-Romane (und ein bisschen Genre-Beifang links und rechts) übersetzt, etwa 1000 Seiten an Playmobil-Magazin-Comics ersonnen und annähernd 50 phantastische Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene geschrieben, darunter die Magierdämmerung-Trilogie, offizielle Beiträge zu Shadowrun und BattleTech, die Drachengasse 13-Reihe und Star Trek Prometheus, den Geburtstagsdreiteiler des Cross-Cult-Verlags zum 50-jährigen Jubiläum von Captain Kirk & Co.

Bernd Perplies lebt mit seiner Familie (und einer einzelnen tapferen Grünpflanze) unweit von Stuttgart in einem Labyrinth aus Billy-Regalen voller Bücher, Filme und Brettspiele.

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