Osterieds Sternenreise

Einmal quer durch Star Trek: #011: Ärgernis, Saufgelage & Emmy-Hoffnungen

© Paramount

Peter Osteried reist durch über 50 Jahre “Star Trek” und lässt uns an seinem Rewatch teilhaben. Heute Tag 22, 23 und 24.

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Hier geht es zur Übersicht der Reihe, sollte jemand die vorigen Ausgaben verpasst haben. Bei Tag 1 finden sich auch einleitende Worte. Wir wünschen gute Unterhaltung!

Tag 22

Die berüchtigte Nazi-Folge. Schablonen der Gewalt wurde natürlich vom ZDF aussortiert und als Sat.1 die übrigen Folgen Ende der 1980er-Jahre synchronisierte, ließ man sie auch aus. Wohl aus einem Sinn für den guten Geschmack heraus. Oder weil die Folge doch recht peinlich ist. Auf jeden Fall kam sie erst 1996 in synchronisierter Form. Paramount hatte damals die Serie nach und nach auf VHS-Kassette veröffentlicht und auch diese hier nachsynchronisieren lassen. Die bekannten Sprecher waren alle noch dabei – bis auf den von Scotty. Man hört aber gerade G.G. Hoffmann als Kirk schon das Alter an.

Ich selbst habe die Folge Anfang der 1990er-Jahre gesehen. Da sie als einzige fehlte, war ich natürlich neugierig und habe mir die VHS-Kassette aus Großbritannien besorgt. Dort hat man schon lange vor dem DVD-Zeitalter jede Menge Serien für das Heimkino verfügbar gemacht – natürlich unglaublich teuer, vor allem, wenn man bedenkt, was heute ganze Staffeln kosten. Aber egal, ich wollte jede Minute Star Trek sehen und darum auch diese Folge.

Gelohnt hat sich das nicht. Das ist noch untertrieben. Im Grunde wird dieselbe Geschichte wie bei Epigonen abgespult. Da war das Ergebnis einer kopierten Gesellschaft auch noch fragwürdig, bei der Errichtung eines Nazi-Reichs gilt das aber umso mehr. Dass ein Historiker auf die Idee kommt, Nazi-Deutschland als Vorbild zu nehmen, um eine zerstrittene Gesellschaft zu einen, ist so abseits jedweder Rationalität, dass man es kaum in Worte fassen kann. Am Ende wird gar so getan, dass es eigentlich ein guter Nazi-Planet werden könnte, aber ein schurkischer Machtmensch hat halt den „guten Führer“ unter Drogen gesetzt und einen Terrorapparat aus dem allen gemacht. Dass die „Einheit“ des Volks aber zugleich durch Hass auf eine Minderheit erschaffen wird, war auch John Gill klar. Das nahm er in Kauf, als er dieses gesellschaftliche Ungetüm erschuf. Und wenn man schon eine totalitäre Diktatur mit Führerkult im All errichten will, warum dann mit den Insignien und Uniformen des Dritten Reichs? Die Antwort: Weil Paramount in seinem Fundus Unmengen an Nazi-Uniformen aus Film und Fernsehen hatte. Es war also günstig, eine Folge wie diese zu machen. Aber inhaltlich ist sie nicht nur ein Ärgernis, sondern schlichtweg ein Schlag ins Gesicht – auch für die Schauspieler. William Shatner und Leonard Nimoy waren bzw. sind jüdischen Glaubens und haderten mit der Folge, Gaststar Valora Noland, die die Heldin des Vaterlands spielt, hätte abgelehnt, wenn sie gewusst hätte, das auf ihrem Kostüm ein Hakenkreuz zu sehen ist – das war ursprünglich so nicht geplant.

Das Ende der Folge ist an Dummheit nicht zu überbieten. Es wird gerade so getan, als würde nun alles gut, weil die sadistischen, die Zeonisten (vom Planeten Zeon, ein weiteres Beispiel für die Holzhammermentalität der Episode) hassenden Nazis natürlich alle auf den rechten Weg umschwenken werden. Man könnte noch ewig darüber schwadronieren, wieso die Geschichte vor Unlogik strotzt, aber das ist im Grunde Zeitverschwendung. Diese Folge ist und bleibt ein Ärgernis.

Tag 23

Die Reihe an mauen, wenn nicht gar hundsmiserablen Folgen reißt nicht ab. Auch Stein und Staub kann nicht viel. So wenig, dass ich tatsächlich Nullkommanull Erinnerung daran hatte, aber ich weiß, dass ich die Serie früher komplett gesehen habe. Egal, in der hier geht es um Außerirdische einer anderen Galaxie, die die Milchstraße erobern wollen, aber erstmal ein paar Hundert Jahre mit der Enterprise nach Hause tuckern müssen. Allerdings sind die Kelvaner schon so lange hier und haben sich so sehr verändert, dass sie eben keine Kelvaner, sondern mittlerweile Menschen sind. Hier darf Kirk also mal nicht einen Computer, sondern einen Menschen respektive einen Kelvaner in die Ecke argumentieren.

Ein paar Szenen sind amüsant – etwa die, wenn die Schauspieler so tun müssen, als könnten sie sich nicht mehr bewegen. Oder das Saufgelage, das Scotty mit einem Kelvaner veranstaltet. Leerlauf gibt es aber auch, das Ende ist dann gehetzt. Aber zumindest nett und dem Originaltitel By Any Other Name zuträglich. Das ist ein Shakespeare-Zitat: „Was ist ein Name? Was uns Rose heißt, wie es auch hieße, würde lieblich duften.“ Rosen, Menschen, letztlich alles austauschbar. Und die Moral von der Geschicht‘: Irgendwie sind wir alle doch nur Menschen.

Okay, die Folge war solide. Das ist angesichts der drei vorherigen Episoden ja schon etwas. Aber nicht viel.

Tag 24

Da sind die ja, die Yangs und die Kohms. Das Jahr des roten Vogels hatte ich noch in Erinnerung. Nicht in guter, eher in trashiger. Denn natürlich stehen die Kürzel für die Yankees, also die Amerikaner, und die Kommunisten. Als ob das nicht schlimm genug wäre, bringt Gene Roddenberry aber auch noch die Fahne der USA ins Spiel und lässt Kirk sinnieren, dass diese Yankees vor langer Zeit hierhergekommen sein mögen. Wie abstrus das alles ist, lässt er außen vor. Mit welchem Raumschiff, vor gerade mal knapp 500 Jahren, während die Leute auf dem Planeten selbst schon viele hundert Jahre alt werden. Und dann hatten sie auch noch die Verfassung im Gepäck. Wie das alles hinhaut, scheint Roddenberry nicht so sehr interessiert zu haben, wie der Umstand, dass er das Ganze geil fand – angeblich reichte er das Skript auch ein, weil er sicher war, dass es Emmy-Award-verdächtig war. NBC fand es mau und wollte es am liebsten gar nicht umsetzen, während Roddenberry es sogar als mögliche Pilotfolge 1965 sah. Was auch immer ihn geritten haben mag, diese Folge definiert, was Trash in Sachen Star Trek bedeutet: Eine von sich selbst besoffene Geschichte, die unter ihrer behaupteten Bedeutungsschwere ächzt.

Nachdem schon einige Zeit kein Redshirt mehr ins Gras gebissen hat, wird hier eines erledigt – noch dazu von einem wildgewordenen Captain der Sternenflotte. Das ist übrigens nicht der einzig übergeschnappte Sternenflotten-Offizier, dem Kirk auf seinen Reisen begegnet. Morgan Woodward als Captain Tracy hatte schon Erfahrung als Star Trek-Irrer. Er war der Wahnsinnige in Der Zentralnervensystem-Manipulator.

Unsere Reihe Osterieds Sternenreise – Einmal quer durch Star Trek wird lose fortgesetzt.

Dadurch ergibt sich mit der Zeit ein schönes Rewatch-Tagebuch mit sehr persönlichen Betrachtungen eines langjärigen Fans und Schreibers.

Peter Osteried schreibt auch Bücher. Dazu gehören folgende Werke:

Interview mit Marilyn Monroe (Roman)

Es lebe der Planet der Affen

Es lebe Battlestar Galactica

Die Babylon 5-Chronik – Band #1

Die Babylon 5-Chronik – Band #2

Die Babylon 5-Chronik – Band #3

Die Babylon 5-Chronik – Band #4

Die Babylon 5-Chronik – Band #5

Die Babylon 5-Chronik – Band #6

9783959365130

Er ist außerdem Herausgeber und Redakteur der Zeitschriften MOVIESTAR, MOVIESTAR RETRO, TV SERIEN HIGHLIGHTS und DVD BLURAY SPECIAL aus seinem IMMUNDULA VERLAG.

Die Zeitschriften gibt es auch im Shop beim Verlag in Farbe und Bunt.

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