Hier geht es zur Übersicht der Reihe, sollte jemand die vorigen Ausgaben verpasst haben. Bei Tag 1 finden sich auch einleitende Worte. Wir wünschen gute Unterhaltung!
Tag 25
Mit Computer M5 ist die Durststrecke vorüber. Endlich eine gute Folge. Noch wichtiger aber: Dies ist eine unglaublich aktuelle Episode, die man im Jahr 1968 als wirklich visionär ansehen musste. Sie erzählt von etwas, von dem damals keiner bedroht war: der Digitalisierung. Denn Captain Kirk soll durch einen Computer wegrationalisiert werden. Im Gegensatz zur realen Welt kann er sich wehren, indem er den Computer mal wieder zu Tode argumentiert. Der hatte die Kontrolle über die Enterprise inne und nicht kapiert, dass Scheinangriffe geflogen werden, um ihn zu testen. Darum zerstört er fast vier andere Schiffe der Constellation-Klasse. Im wahren Leben der 1960er-Jahre fielen nicht der Digitalisierung, sondern der Mechanisierung Jobs zum Opfer. Dennoch: Die Folge ist heute prägnanter.
Die neu gemachten Effekte sind den alten deutlich überlegen. Es gibt einen schönen Moment, in dem man die vier Constellation-Klasse-Schiffe sieht, die auf die Enterprise Kurs nehmen.
Brot und Spiele ist herrlich. War sie früher schon. Vielleicht auch, weil ich schon immer eine Faszination für das Römische Reich hatte und die Frage, wie eine alternative Welt mit einem niemals untergegangenem Rom natürlich spannend ist. In der Folge findet man eine Larifari-Erklärung dafür, dass die Enterprise immer mal wieder auf erdähnliche Planeten trifft, auf denen parallele Entwicklungen stattgefunden haben. In der Theorie schön, aber in der Praxis scheitert es doch an den Kleinigkeiten, etwa den Namen, die lateinischen Ursprungs sind. Nichts legt nahe, dass parallele Entwicklungen auch gleiche Sprachen hervorbringen würden. Der wahre Grund ist natürlich, dass man sich aus dem großen Paramount-Kostümfundus bedienen konnte.
Spock referiert über die Toten der ersten drei Weltkriege. Über letzteren können wir nichts sagen, bei den beiden ersten liegt er aber mit der genannten Zahl extrem weit unter den echten Verlusten. Nur im Englischen funktioniert, dass die Sklaven nicht die Sonne, sondern den Sohn Gottes anbeten – „sun“ und „son“ gleichen sich bei der deutschen Übersetzung eben nicht so sehr. Aber egal, eine spannende, actionreiche Episode mit feinen Dialogen, vor allem denen von Spock und McCoy.
Tag 26
Als Kind mochte ich Ein Planet, genannt Erde nicht besonders. Weil Kirk und Spock hier nicht viel zu tun haben. Entweder stehen sie im Weg oder laufen Gary Seven hinterher oder sind fast dran schuld, dass sich die Erdgeschichte ändern wird. Heute weiß ich natürlich, dass die Folge als Backdoor-Pilot für eine neue Serie gedacht war. Darum wurde Robert Lansing auch als einziger aller Star Trek-Folgen im Vorspann schon als Gaststar genannt. Sieht man sie als Anfang von Assignment: Earth, wie die Serie heißen sollte, ist sie auch recht gut. Man könnte die Folge und die angedachte Serie auch als amerikanischen Doctor Who ansehen. Gary Seven, der im Deutschen unverständlicherweise Felix Sevenrock heißt, hat sogar ein Gerät, das wie ein Schallschraubenzieher anmutet – und Teri Garr als Roberta Findley ist der Companion. In der Serie hätte das Team dann immer wieder gegen zeitreisende Außerirdische kämpfen müssen, die die Erd-Historie verändern wollten. Es ist schade, dass es nie dazu kam. Aber ein Gedanke: Wäre es nicht cool, wenn Alex Kurtzman im Rahmen seiner Arbeit für Paramount+ und der Entwicklung immer neuer Star Trek-Serien nicht endlich Assignment: Earth machen würde – in den späten 1960er- oder 1970er-Jahren angesetzt und mit den Figuren Gary Seven und Roberta Findlay?
Die gemeinhin mieseste Folge aller Zeiten ist Spocks Gehirn. Da ist sich das Fandom einig. Es ist auch eine kuriose Idee, diese Folge zum Auftakt der dritten Staffel zu machen, da sie weniger an Star Trek, als an absurde Science Fiction der 1930er-Jahre erinnert. Aber: Das Ding ist verdammt unterhaltsam. So schlecht, dass es schon wieder gut ist. Man sollte die Folge aber nicht allein schauen, sondern sich gemeinsam darüber lustig machen – sozusagen das Mystery Science Theatre 3000 von Star Trek. Es ist kaum zu glauben, aber die Folge schafft es immer, an Dämlichkeit noch eins draufzusetzen. Erst klaut man Spocks Gehirn, dann wird Spock ferngesteuert, dann findet man ein völlig naives Frauenvölkchen, das das Gehirn als Herrscher braucht, und dann hilft Spock noch bei der Operation, es wieder in seinen Körper einzusetzen. Und natürlich hat er danach noch immer eine perfekt gestaltete Frisur.
Die dritte Staffel hat einen leicht veränderten Vorspann. Die Schrift ist nun nicht mehr gelb, sondern blau. Neu sind auch die Ohrringe von Uhura – nun golden und nicht mehr grün – und Scottys Frisur. Kein Seitenscheitel mehr, sondern schneidig nach hinten gekämmt.
Die unsichtbare Falle ist aber richtig gut. Es geht um einen elaborierten Plan, den Romulanern die Tarnvorrichtung abzuluchsen. Selbst Spock muss sich dafür richtig ins Zeug legen – fast schon wird er zum Romeo-Agenten, so wie er die romulanische Kommandantin betört. Dass Kirk oder Spock entweder irre oder zum Verräter werden, glaubt man natürlich keine Sekunde. Aber es ist interessant, wie dieses Katz- und Mausspiel umgesetzt ist. Und: Kirk wird chirurgisch zum Romulaner gemacht. Ein wirklich schräger Anblick. Das Ende ist konsequent, allerdings wird es künftig auch vergessen. Denn die Enterprise hat die Tarnvorrichtung und sie funktioniert auch. Aber künftig benutzt weder die Enterprise noch ein anderes Schiff der Sternenflotte sie. Wenn ich mich recht entsinne, bietet man in einem der Romane eine Erklärung dafür. Da hieß es, die Technik sei inkompatibel und hätte bei der Enterprise nur sehr kurzzeitig funktioniert. In der Folge selbst heißt es, die Romulaner würden schon einen Weg finden, die Wirkung auszuhebeln, aber das hätte ja nichts daran geändert, dass die Tarnvorrichtung bei Begegnungen mit anderen Spezies nützlich gewesen wäre.
Die Tarnvorrichtung besteht übrigens aus Teilen von Nomad aus Ich bin Nomad und der Sargon-Kugel aus Geist sucht Körper.
An Der Obelisk hatte ich keine Erinnerung – bis ich die Indianer sah! Kirk verliert hier das Gedächtnis und muss monatelang unter Indianern leben. Eigentlich eine Geschichte, die bei den Besten dabei sein müsste, aber irgendwie macht es nicht so richtig Klick. Sie ist solide, man hätte sich aber im Grunde noch mehr auf Kirks neues Leben fokussieren müssen. Eine unnötige Actionszene wird eingebaut, wo eigentlich mehr Intimität notwendig gewesen wäre.
Nach Miri, ein Kleinling gibt es mit Kurs auf Marcus 12 mal wieder einen Schwung unglaublich nerviger Blagen, die die Enterprise und ihre Leute im Griff haben, weil eine grüne Erscheinung irgendwohin will. Man könnte fragen: Warum braucht der grüne Knilch ein Raumschiff? Keine Ahnung, denn was auf Markus 12 ist, wird nie geklärt. Der Weg ist das Ziel, aber es ist ein verdammt mäandernder, absolut nerviger Weg. Hier erwischt es übrigens gleich zwei Redshirts, aber denen kann man wenigstens keine Inkompetenz vorwerfen. Sie sollen auf den Planeten gebeamt werden, um den sich die Enterprise im Orbit befindet. Nur dass das eine Illusion ist und das Schiff durchs All fliegt. Die beiden werden also einfach ins All hinausgebeamt.
Dies ist eine der miesesten Folgen – mehr noch als Spocks Gehirn, denn die ist wenigstens auf ihre Art lustig.
Unsere Reihe Osterieds Sternenreise – Einmal quer durch Star Trek wird lose fortgesetzt.
Dadurch ergibt sich mit der Zeit ein schönes Rewatch-Tagebuch mit sehr persönlichen Betrachtungen eines langjärigen Fans und Schreibers.
Peter Osteried schreibt auch Bücher. Dazu gehören folgende Werke:
Interview mit Marilyn Monroe (Roman)
Die Babylon 5-Chronik – Band #1
Die Babylon 5-Chronik – Band #2
Die Babylon 5-Chronik – Band #3
Die Babylon 5-Chronik – Band #4
Die Babylon 5-Chronik – Band #5
Die Babylon 5-Chronik – Band #6
Er ist außerdem Herausgeber und Redakteur der Zeitschriften MOVIESTAR, MOVIESTAR RETRO, TV SERIEN HIGHLIGHTS und DVD BLURAY SPECIAL aus seinem IMMUNDULA VERLAG.
Die Zeitschriften gibt es auch im Shop beim Verlag in Farbe und Bunt.