Andere Welten

Sind wir allein? Und wenn ja, wie viele?

© Paramount

Sven Wedekin macht sich Gedanken über die Menschheit und ihren Platz im Universum.

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Intelligente außerirdische Zivilisationen sind die normalste Sache der Welt – jedenfalls für die Männer und Frauen vom Raumschiff Enterprise. In praktisch jeder Folge stolpert die uns wohlbekannte Crew über eine neue, fremde Kultur, die es zu erforschen gilt. Wenn man sich die enorme Vielfalt der unterschiedlichsten Welten die es in der fiktiven Star Trek-Galaxis gibt ansieht, muss man zu dem Schluss kommen, dass das Universum vor hochentwickelten Leben geradezu übersprudelt. Das wirft die spannende Frage auf, ob dies für unsere reale Galaxie auch tatsächlich zutrifft.

Seit Jahrtausenden sieht der Mensch zu den Sternen hinauf und fragt sich, was sich dort oben wohl befindet. Gibt es dort auch andere Planeten, auf denen sich im Lauf der Zeit intelligentes Leben entwickelt hat? Falls ja, schauen jene Wesen ihrerseits zu ihrem eigenen Nachthimmel hinauf und stellen sich dieselbe Frage? Und können wir Erdlinge irgendwie in Kontakt mit ihnen treten? Und nicht zuletzt: Warum haben sich diese Wesen nicht schon längst ihrerseits von sich aus bei uns gemeldet?

Schon seit der Antike haben Gelehrte sich mit diesen Fragen beschäftigt. Einer von ihnen war der bekannte italienische Physiker Enrico Fermi, der unter anderem auch am Manhattan-Projekt mitgearbeitet hat, in dessen Rahmen die erste amerikanische Atombombe entwickelt wurde. Er ist der Urheber des Fermi-Paradoxons, welches von der Annahme ausgeht, dass eine hinreichend fortgeschrittene Zivilisation, die die Milchstraße mit bemannten Raumschiffen kolonisiert hat eigentlich schon längst hier in unseren Sonnensystem aufgetaucht sein müsste, denn schließlich hätte sie theoretisch alle Zeit der Welt gehabt, um es zu entdecken. Fermi ging davon aus, dass eine einzige Kultur, die alle ihre verfügbaren Ressourcen in die bemannte Raumfahrt investiert rein rechnerisch etwa 50 Millionen Jahre brauchen würde, um die gesamte Galaxie zur Gänze erforscht zu haben. Wenn es nun also dutzende oder gar hunderte Völker gibt, die zu interstellaren Expeditionen fähig sind, müsste nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit die ein oder andere von ihnen also schon bei uns vor der kosmischen Haustür aufgetaucht sein. Für Fermi war die offensichtliche Abwesenheit von Außerirdischen im Sonnensystem ein Indiz dafür, dass es sie gar nicht gibt und der Mensch ganz allein im Universum ist.

In den vergangen Jahrzehnten haben nicht nur Forscher, sondern auch Science-Fiction Autoren jedoch alternative Erklärungen für dieses Paradoxon entworfen. Einer dieser Autoren war Star Trek-Erfinder Gene Roddenberry. Bereits für die Originalserie ersann er die Oberste Direktive, jene Handlungsanweisung, die es den Offizieren der Sternenflotte verbietet sich in die inneren Angelegenheiten einer anderen Welt einzumischen. Auch ernsthafte Wissenschaftler haben sich gefragt, ob es eine solche Direktive nicht auch in der Wirklichkeit geben könnte. Es wäre denkbar, dass auch reale Außerirdische sich selbst ein Kontaktverbot mit primitiveren Kulturen auferlegt haben, um deren Entwicklung nicht zu stören.

Dies ist nur eine von vielen möglichen Lösungen für das Fermi-Paradox, welche die Möglichkeit, dass wir nicht die einzigen intelligenten Lebensformen in unserer Galaxie sind offenlässt. Aber letztlich ist dieser wie auch alle andere Lösungsvorschläge hochspekulativ, ebenso wie alle Antworten auf die Fragen, die die Annahme, dass sich auch auf anderen Planeten intelligentes Leben entwickelt hat nach sich zieht. Aber trotzdem ist es aufschlussreich sich mit diesen Fragen zu beschäftigten, denn sie regen uns dazu an, darüber nachzudenken was für einen Platz die Menschheit im All hat und auch wie unsere eigene Zukunft aussehen könnte.

Von Göttern und Menschen

Im Jahr 1964 schlug der russische Astronom Nikolai Kardaschow eine Kategorisierung außerirdischer Zivilisationen nach deren Energieverbrauch vor. Diese nach ihm benannte Kardaschow Skala teilt mögliche fremde Kulturen in drei Typen ein:

  • Eine Typ I-Zivilisation hat die Fähigkeit erlangt ihren ganzen Heimatplaneten als Energiequelle zu nutzen. Sie hätte also die Energie, die Vulkanausbrüche, Erdbeben oder Stürme in sich bergen für sich nutzbar gemacht, was bezogen auf die Erde in etwa einem jährlichen Energieverbrauch von 4×10 hoch 17 Watt, einer 1 mit 17 Nullen, entspricht.
  • Eine Typ II-Zivilisation hätte sich über ihr ganzes Sonnensystem ausgebreitet und könnte die gesamte Energieleistung ihres Heimatsterns und sämtlicher Planeten des Systems nutzen. Dies entspricht 4×10 hoch 27 Watt, dem zehnmilliardenfachen des Typs I.
  • Eine Typ III-Zivilisation schließlich würde die Energieleistung der gesamten Galaxie nutzen können. Eine solche Zivilisation würde aus der Perspektive von uns Menschen fast schon gottähnliche Fähigkeiten besitzen, denn einer verbrauchten Energiemenge von 4×10 hoch 34 Watt, also nochmals den zehnmilliardenfachen des Verbrauchs einer Zivilisation des Typs II, stünden ihr alle Möglichkeiten offen. Im Star Trek-Universum haben beispielsweise die Borg oder auch das Dominion einen vergleichbaren Entwicklungsstand erreicht.

Manche Autoren haben die Skala erweitert und den Gedanken in den Raum gestellt, dass es womöglich sogar Zivilisationen des Typs IV geben könnte. Diese hätte sich über mehrere Galaxien ausgebreitet und besäße womöglich sogar die Fähigkeit die Naturgesetze zumindest teilweise zu brechen. Q lässt grüßen. Falls es solche Superzivilisationen wirklich geben sollte, stellt sich die Frage mit welchen Methoden sie das Universum erforschen.

Eine außerirdische Rasse wird womöglich darauf verzichten riesige Raumschiffe von der Art der Enterprise zu bauen, um mit ihnen durch das All zu kreuzen. Selbst wenn sie über schier unbegrenzten Mengen an Energie verfügen würde, wäre der Einsatz eines solchen Schiffes wohl nicht sehr rational, schon allein deshalb weil eine Reise über kosmische Distanzen ja auch mit einigen Risiken verbunden ist und vor allem viele Jahrhunderte oder gar Jahrtausende in Anspruch nähme, denn selbst eine Typ III-Zivilisation wäre an die Naturgesetze gebunden und könnte die Schranke der Lichtgeschwindigkeit nicht überwinden.

Sehr viel rationaler ist es daher, dass sie sich unbemannter Sonden bedienen würde, die von einer künstlichen Intelligenz gesteuert werden, wodurch sie völlig autark zwischen den Sternen navigieren könnten. Diese wären vergleichbar mit jener fremden Sonde, die die Erde in Star Trek IV – Zurück in die Gegenwart heimsucht, nur natürlich sehr viel kleiner. Finden sie einen geeigneten Planeten könnten sie dessen natürliche Ressourcen sogar als Rohmaterial nutzen, um Kopien ihrer selbst herzustellen. Die Sonden könnten sich somit also, ähnlich wie die Zellen lebenden Organismen teilen und somit fortpflanzen. Man könnte also sagen, dass in einem solchen Automaten die Grenzen zwischen Technologie und Biologie aufgehoben sind.

Die Erde, ein Zoo?

Klingt verrückt? Auf den ersten Blick ja, doch der amerikanisch-ungarische Gelehrte John von Neumann lieferte die Grundlage für die Theorie, dass weit entwickelte Zivilisationen solche intelligenten, sich selbst reproduzierenden Sonden wirklich zu konstruieren vermögen. Und mehr noch: Wenn solche, nach ihrem geistigen Vater Von-Neumann-Sonden genannten, Maschinen klein genug sind, könnten sie sich sogar genau jetzt, zu diesem Zeitpunkt bereits in unseren Sonnensystem befinden, ohne dass wir davon Kenntnis haben, da wir noch nicht die Technik haben, um sie von der Erde aus zu erspähen.

Dieses Gedankenspiel führt uns zu einer weiteren Lösung für das Fermi-Paradox: Die Zoo-Hypothese, die besagt das die Erde tatsächlich schon von Außerirdischen entdeckt und von ihnen unter einer Art kosmischen Quarantäne gestellt wurde. In diesem Szenario wäre unser blauer Planet für die Fremden so etwas wie ein riesiger Naturpark und wir Menschen gewissermaßen die Hauptattraktion.

Ein unheimlicher Gedanke: Während wir unserem Tagewerk nachgehen, werden wir, ohne es auch nur zu bemerken, von Wesen aus dem All beobachtet, wie Forscher, die eine Affenkolonie untersuchen. Diese These geht freilich von der Annahme aus, dass die Menschheit im Kosmos für die Außerirdischen so etwas wie eine Besonderheit darstellt, die zu erforschen sich besonders lohnt. Ob dies wirklich stimmt hängt aber natürlich von der Gesamtmenge aller Zivilisationen in der Milchstraße ab. Wenn es dort draußen ebenso viele davon gibt wie in der Star Trek Fiktion, wäre der Mensch nur eine Spezies von vielen und daher entsprechend unbedeutend. Gäbe es jedoch nur eine Handvoll intelligenter Völker, dann wären wir in der Tat etwas Außergewöhnliches. Dann wäre es auch nachvollziehbar, warum außerirdische Besucher sich hüten würden mit uns in direkten Kontakt zu treten. Denn was für katastrophale Folgen dies für uns hätte wird in diversen Star Trek-Episoden ja gezeigt, in denen es zu einer gewollten oder ungewollten Konfrontation der Föderation mit weniger entwickelten Völkern kommt, man denke hier nur an die friedliebenden Mintakaner aus TNG-Episode Der Gott der Mintakaner aus der dritten Staffel, die durch den Kontakt mit den aus ihrer Sicht unvorstellbar weit fortgeschrittenen Menschen von der Enterprise beinahe in den religiösen Fanatismus getrieben werden.

Für eine Zukunft ohne Grenzen

Doch bevor wir uns in all diesen ebenso fantastischen wie unbewiesenen Gedankenspielen verlieren, müssen wir uns auch noch mit der für die meisten von uns wohl am wenigsten angenehmen Antwort auf das Fermi-Paradox auseinandersetzen: Nämlich mit der Vorstellung, dass wir tatsächlich die einzigen intelligenten Wesen in der Galaxis sind. Man kann nicht ausschließen, dass wir Menschen die allererste Spezies in der Geschichte der Milchstraße sind, welche es zu einer technisch-wissenschaftlichen Kultur gebracht hat. Falls das der Fall sein sollte, ist es vielleicht unser Schicksal langfristig selbst zu einer Typ III-Zivilisation zu werden. Irgendwann, in einer weit entfernt liegenden Zukunft könnten wir die Galaxie erobert und uns zu Wesen weiterentwickelt haben, die über Fähigkeiten verfügen, die wir Heutigen uns nicht einmal ansatzweise vorstellen können. Unsere sehr fernen Nachkommen könnten gar auf die Idee kommen das Leben auf anderen Welten zu bringen, ganz ähnlich wie jene geheimnisvollen Fremden aus der TNG-Episode Das fehlende Fragment aus der sechsten Staffel, welche alle humanoiden Arten in der Star Trek-Galaxis erschaffen haben.

Unter dem Strich betrachtet haben wir es hier also mit zwei Extremen zu tun: Auf der einen Seite sind wir womöglich allein im uns bekannten Universum, auf der anderen Seite könnten zwischen den Sternen gottähnliche Superzivilisationen ihre Reiche errichtet haben und das All beherrschen. Zwischen diesen beiden Extremen ist alles möglich.

Wir sollen wir nun mit der Ungewissheit umgehen, nicht zu wissen was die Wahrheit ist?

Nun, der beste Weg wäre sicherlich unsere Suche nach Intelligenzen im All nicht aufzugeben, denn nur so können wir Gewissheit erlangen. Wir dürfen den uns angeborenen Forscher- und Entdeckergeist nicht vernachlässigen und alle unsere Kräfte bündeln, um in die tiefsten Geheimnisse des Kosmos vorzudringen. Damit die Menschheit sich selbst in eine Spezies verwandeln kann, welche die gesamte Milchstraße als ihre Heimat betrachtet, so wie es in Star Trek dargestellt wird müssen wir als geeintes Volk gemeinsam danach streben. Wenn wir ein über unsere kulturellen und ideologischen Unterschiede reichendes gemeinsames Ziel haben können wir einer Zukunft entgegensehen, die selbst die Visionen der fantasievollsten Science-Fiction-Autoren übertrifft. Eine Typ II- oder gar Typ III-Zivilisation zu werden ist zweifellos ein solch erstrebenswertes Ziel, doch damit wir es erreichen können, müssen wir Tag für Tag darauf hinarbeiten und damit bereits jetzt beginnen. Viele Pessimisten sind sicherlich der Meinung, dass der Mensch gar nicht klug genug dafür ist. Aber so wie das einzelne Individuum mit seinen Aufgaben wächst, gilt dies auch für unsere Art als Ganzes.

Die Verheißungen der Raumfahrt und des wissenschaftlichen Fortschritts können uns alle dazu inspirieren an eine Zukunft zu glauben, die wir uns heute nicht mal vorstellen können. Es ist eben diese Geist des Optimismus, dem das Star Trek-Franchise feiert. Wenn wir alle diese tiefe Botschaft, diesen Glauben an eine neue Welt zur Maxime unseres Handelns machen und vergessen, was uns trennt, werden wir dieses Ziel ganz sicher erreichen, womöglich sogar schon viel früher als wir heute noch denken …

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