Nach 17 Jahren gibt es mit Babylon 5: The Road Home endlich wieder neuen Stoff aus dem altehrwürdigen Franchise zu bewundern. Doch kann der Animationsfilm die Erwartungen der Fans auch erfüllen? Das erfahrt ihr in unserem Review.
Das passiert in Babylon 5: The Road Home
Zwei Jahre nach den Schattenkriegen haben Präsident Sheridan und Delenn die Raumstation Babylon 5 an die Allianz der 12 Welten übergeben und ziehen sich nach Minbar zurück. Als Sheridan hier ein neuartiges Energiesystem einweihen soll, kommt es zu einem Zwischenfall, der ihn phasenverschiebt und auf eine Reise durch Raum, Zeit und Parallelwelten schickt.
Der Weg zurück entpuppt sich als Schicksalsreise, denn strandet John zwischen den Welten, wird dies unweigerlich das Ende des Universums nach sich ziehen.
Virtuelle Reunion
Satte 17 Jahre hat es gedauert, bis J. Michael Straczynski sein Versprechen wahr werden ließ und das Babylon 5– Universum neu belebte. Um seinen lang gehegten Traum wahr werden zu lassen, hat sich der Produzent, Autor und Regisseur für einen 80-minütigen Animationsfilm im Zeichentrickstil entschieden, in Anbetracht der vielen verstorbenen Stars eine gute Entscheidung. Wobei das Wort »gut« hier allerdings eher relativ zu verstehen ist. Natürlich ist es als Fan toll, die alten Weggefährten wieder auf dem TV-Bildschirm erleben zu dürfen, wenn zum Teil auch stark stilisiert und auf die zeichnerischen Charakterisierungen bezogen ausbaufähig.
Um die virtuelle – und soweit möglich auch schauspielerische – Reunion Wirklichkeit werden zu lassen, hat sich der Filmemacher eines Kniffs bedient, der heute schon längt zum Alltag in der schönen neuen Welt von endlos ausgedehnten Franchises gehört. Egal ob Star Wars, Star Trek oder das MCU: So ziemlich jedes der altehrwürdigen Film- und Serienuniversen latscht auf ausgetretenen Sohlen durch die Streaminglandschaft. Die Produzenten, so scheint es, fürchten sich geradezu davor, neue Wege zu gehen und voranzuschreiten. Zu groß ist die Sorge, dass neue Figuren vom Publikum abgelehnt werden könnten und ein Sequel krachend floppt. Wo kein Risiko, so lautet die Binsenweisheit, da lauert auch kein finanzieller Verlust.
Innovationsarmut
Genau diesem Credo hat sich offensichtlich auch Straczynski verschrieben, denn Babylon 5: The Road Home leitet nicht etwa eine neue Ära ein, sondern setzt zwei Jahre nach den Schattenkriegen im selben Jahr an, in dem auch der dritte TV-Film Babylon 5: The River of Souls (Der Fluss der Seelen) spielt. Dieser dramaturgische Kniff hat zum einen den oben bereits erwähnten Sinn, alle beliebten Figuren gemeinsam auftreten lassen zu können, zum anderen bewegt sich der Autor aber auch in sicheren Bahnen und fügt dem bestehenden Kanon einfach nur eine weitere Geschichte hinzu.
Hier lieg aber auch die Krux in der Geschichte. The Road Home ist beileibe kein schlechter Film. Die 80 Minuten sprühen nur so vor Nostalgie, Emotionen und actiongeladenen Szenen mit den Schatten, die durch die ins Spiel gebrachte Reise durch Raum, Zeit und parallele Realitäten ebenfalls sinnvoll reaktiviert werden. An diesen Stellen spielt Straczynski seine ganze Routine aus und kreiert einen zwar nicht innovativen, aber doch unterhaltsamen Plot, der durchaus seine starken Momente hat. Dramaturgisch ist hier also nichts auszusetzen.
Und doch: Trotz der gut gewählten neuen Sprecherinnen und Sprecher will der Funke nicht so ganz überspringen. Das liegt zum einen an dem stets präsenten Gefühl, das alles in der ein oder anderen Form schon einmal gesehen zu haben. Hinzu kommt zudem, dass das Facedesign der Protagonisten teils doch sehr gewöhnungsbedürftig ist. G’Kar, Molari oder Lyta Alexander hinterlassen beispielsweise einen grobschlächtigen und fast schon hingeschluderten Eindruck, der den Sehgenuss erheblich trübt.
Als großes Mysterium stellt sich auch die Suche nach dem Sinn des Ganzen heraus. Sicherlich, wahre Liebe ist immer ein starkes Thema, über das sich zu schreiben lohnt. Doch welche neuen Facetten fügt der Autor den beliebten Figuren hinzu? Was lernen wir über sie? Welche Überraschungen erwarten uns? So betrachtet ist Babylon 5: The Road Home vor allem eins: mutlos. Ein Projekt, das in jeder Hinsicht auf Nummer sicher geht und dem Franchise nichts außer eine weitere Geschichte irgendwo mittendrin hinzufügt. Nicht falsch verstehen bitte. Als Alt-Fan fühle ich mich ohne Frage unterhalten.
Das Pacing geht voll in Ordnung, die Wechsel zwischen Action- und Dialogszenen sind geschickt ineinander verwoben und ergeben innerhalb des Narrativs Sinn. Doch reicht das nach 17 Jahren Abstinenz wirklich für einen Neuanfang aus? Das ist eine Frage, die sich jede Zuschauerin und jeder Zuschauer wohl selbst beantworten muss.
Fazit
Babylon 5: The Road Home ist durchaus ein unterhaltsamer Film und die Liebeserklärung an die Fans, die J. Michael Straczynski nach eigenen Aussagen im Sinn hatte. Alles gut also? Nicht wirklich, wenn ich ehrlich bin, denn nach einer so langen Durstrecke hätte ich mir für die Reaktivierung des Babylon 5-Franchises mehr Mut und Innovation gewünscht.
Straczynski tut im Grunde genommen genau das, was er auch schon in den 90er-Jahren tat. Doch die Fernsehlandschaft hat sich seitdem weiterentwickelt und ist komplexer geworden. Dieser Tatsache trägt der Autor und Produzent allerdings keinerlei Rechnung, weshalb sich der neuste Franchiseableger letztlich wie aus der Zeit gefallen anfühlt. Für einen kurzen Trip in die Vergangenheit mag das reichen, für einen Neuanfang jedoch nicht.
Lesetipp
Begleitend zur Veröffentlichung des neuen Films empfehlen wir euch gerne die Sachbuchreihe Die Babylon 5-Chronik, geschrieben von Peter Osteried unter Mitwirkung von Claudia Kern und Björn Sülter. Band 2 über Staffel 2 der Ur-Serie erscheint am 28. August, Band 1 ist bereits seit Frühjahr erhältlich. Alle Bücher gibt es im Shop des Verlags oder überall, wo es gute Bücher gibt.