„Watch the skies!“ – „Beobachtet die Himmel!“ Dieser mehr oder weniger kryptische Satz wurde ab den 50er-Jahren zum Schlagwort sowohl unter den Science-Fiction-Fans ihrer Zeit als auch den Anhängern der damals aufkommenden UFO-Bewegung. Er entwickelte sich zu einem ähnlich bekannten geflügelten Wort wie in späteren Jahren das berühmte „Beam me up, Scotty!“, dabei kannten und kennen viele seinen Ursprung nicht.
Tatsächlich stammt er von einem Mann gleichen Namens. Der Reporter Ned „Scotty“ Scott, gespielt vom Schauspieler Douglas Spencer, ist eine der tragenden Nebenfiguren im Filmklassiker The Thing from Another World (Das Ding aus einer anderen Welt), den Regisseur Christian Nyby unter Produktion des berühmten Howard Hawks 1951 inszenierte. Und der seit Kurzem hierzulande veröffentlicht vom Label AL!VE in der Reihe Filmjuwelen erstmals auf Blu-ray erschienen ist.
Wegweisende Genre-Perle
Basierend auf der 1938 erstveröffentlichten Kurzgeschichte Who Goes There? (deren deutsche Übersetzung unter dem Filmtitel bis 1967 auf sich warten ließ) von John W. Campbell Jr. erzählt der Film vom in Alaska stationierten US-Air-Force-Piloten Captain Hendry (Kenneth Tobey), der zusammen mit seiner Crew und dem Reporter Scott (Douglas Spencer) zu einer Forschungsstation am Nordpol gerufen wird, wo ein abgestürztes Flugzeug unbekannter Bauart gefunden wurde. Dort angekommen, stellen Hendry und der leitende Wissenschaftler Dr. Carrington (Robert Cornthwaite) mit seinem Team schnell fest, dass es sich keineswegs um ein irdisches Fluggerät, sondern eine „fliegende Untertasse“ aus dem Weltraum handelt.
Nachdem die Bergung des im Eis eingeschlossenen UFOs fehlgeschlagen ist, da man das Raumschiff versehentlich mit in die Luft sprengt, entdecken sie ein ebenfalls tiefgefrorenes Besatzungsmitglied. Dieses wird zur Forschungsstation gebracht. Dummerweise schmilzt dort recht bald das Eis. Ihm entsteigt eine monströse Kreatur auf pflanzlicher Basis (James Arness), die erbarmungslos Jagd auf die Menschen und auch die Schlittenhunde in der Forschungsstation macht. Nachdem man den bösen Außerirdischen fürs erste eingesperrt hat, findet Dr. Carrington auch den Grund für dessen Mordlust hinaus: Das Alien sondert Samen ab, die durch Düngung mit Blut zum Keimen und Wachsen angeregt werden. Obwohl sich alle auf der Station, darunter auch die mit Hendry verbandelte Sekretärin Nikki Nicholson (Margaret Sheridan) der Gefährlichkeit des Wesens bewusst sind, will Wissenschaftler Carrington unbedingt wenigstens ein paar seiner Nachkommen zu Forschungszwecken am Leben erhalten. Böse Falle…
Sci-Fi-Horror aus der Klamottenkiste
Angst wird man mit dergleichen wohl kaum mehr einem Zuschauer machen und The Thing from Another World reiht sich somit in die große Anzahl jener Filme und Fernsehserien von Anno Dazumal ein, die man heute nur noch in ihrem historischen Kontext wirklich genießen kann. Aller-, allerspätestens seit Ridley Scotts Alien (Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, 1979) ist der Plot des durch einen abgegrenzten Bereich schleichenden bedrohlichen außerirdischen Wesens nichts Neues mehr und wurde durch zahlreiche Nachahmungen und Variationen der Thematik weitestgehend verwässert – „Ach, das kennen wir schon“.
Nun jedoch stelle man sich eine Zeit vor, in der dergleichen Filme (und erneut natürlich auch Fernsehserien) noch nicht allgegenwärtig und bestens bekannt waren, und man landet bei – richtig, man landet bei The Thing from Another World. Natürlich hatte es schon vorher Science-Fiction-Filme gegeben, auch solche, die Bedrohungen durch außerirdische Lebewesen zur Handlung hatten. Aber meistens handelte es sich dabei um Allegorien auf zeitgemäße Feindbilder wie etwa kahlgeschorene pseudo-asiatisch aussehende Bösewichter a’la Ming. Einer von natürlich mehreren Gründen dafür war vielleicht unter anderem auch der, weil damals wie heute niemand wusste oder weiß, wie man sich denn ein waschechtes Alien eigentlich vorzustellen hat. Bei The Thing from Another World ist die Bedrohlichkeit weit weniger greifbar als bei der durch den spitzbärtigen Imperator vom Planeten Mongo.
Eigentlich erhält der Zuschauer trotz zahlreicher „Buh!-aus-dunklen-Ecken“-Effekte bis zum Schluss lediglich Hinweise auf das Frankenstein-artige Aussehen des fremden Wesens. Hinzu kommt die Tatsache, dass ein intelligentes, wenn auch bösartiges Wesen auf Pflanzenbasis ebenfalls etwas vollkommen Neuartiges war, das man so noch nicht zu sehen bekommen hatte. Und die auf einem meisterlichen Spiel von Licht und Schatten basierenden Schauereffekte in dem Streifen tun das ihre dazu, ihn bis heute interessant für Leute zu machen, die sich für die Entwicklungsgeschichte eines der faszinierendsten Film-Genres interessieren. Produzent Howard Hawks, damals bekannt als Macher von Filmen wie dem Western Red River (1948) mit John Wayne, soll an mehreren Stellen übrigens selbst Hand an den von ihm eigentlich nur produzierten Film angelegt haben, wird in den Credits dafür jedoch nicht gesondert gewürdigt.
Apropos Western: An dieser Stelle ein fröhliches „Aufgepasst!“ an alle Fans alter TV-Pferdeopern: Der Darsteller des außerirdischen „Dings“ wurde ein paar Jahre später zum ausgesprochenen Fernsehstar: Der über zwei Meter große James Arness war in der satte 20 Jahre laufenden Westernserie Gunsmoke (Rauchende Colts) von 1955 bis 1975 635 (!!!) Episoden lang als aufrechter Marshal Matt Dillon aus Dodge City zu sehen. Jedenfalls wurde The Thing from Another World zum Vorbild für zahlreiche weitere damals visionäre Leinwand-Science-Fiction wie The Day the Earth Stood Still (Der Tag, an dem die Erde stillstand) aus dem gleichen Jahr sowie Kampf der Welten (The War of the Worlds) von 1953 als lediglich zwei der berühmtesten Beispiele.
Horror-Remake
Unter einigen anderen späteren Filmen, die sich thematisch an The Thing from Another World orientierten, sticht natürlich am meisten das 1982 von Horror-Meister John Carpenter (The Fog) inszenierte Remake gleichen Titels, meistens aber schlicht The Thing genannt hervor. Außer der Grundthematik des Films hat die Neuverfilmung mit „Klapperschlange“ Kurt Russell in der Hauptrolle nicht viel mit dem Original gemeinsam, orientiert sich aber mehr an Campbells Originalgeschichte als dieses, das eine sehr freie Adaption war. Im Remake kann das „Ding“ unterschiedliche organische Gestalten annehmen.
Dem reichlich gorigen Carpenter-Streifen eilte zu seiner Zeit der Ruf voraus, selbst für abgebrühte Zuschauer nur schwer zu ertragen zu sein, womit man angesichts seiner Entstehungszeit nicht ganz falsch lag. 2011 kam übrigens unter dem schlichten Titel The Thing (in Anlehnung an die allgemeingebräuchliche Bezeichnung der neuen Version) ein von dem niederländischen Regisseur Matthijs van Heijningen Jr. inszeniertes Prequel des Carpenter-Remakes heraus.
Die Blu-ray
Da gibt es durchgängig Erfreuliches zu berichten. Das 72 Jahre alte Filmmaterial wurde höchst ansehnlich restauriert und in HD übertragen, der englische und deutsche Ton in (natürlich!) Mono ist gleichfalls klar und volltönend. Als Extras gibt es Audiokommentare von John Carpenter (wie weiter vorn geschrieben der Regisseur des Remakes) und dem deutschen Filmexperten Dr. Rolf Giesen, eine Auswahl auf dem Bildschirm ansehbarer Pressefotos zum Film sowie der amerikanische und deutsche Kinotrailer.
Ferner findet sich eine kolorierte Fassung von The Thing from Another World auf der Blu-ray, die man allerdings in SD belassen hat; dies macht das Ansehen auf einem größeren Bildschirm bedauerlicherweise quasi-unmöglich. Doch ist dies zu verschmerzen, da das Original die ausgezeichnet aufbereitete Schwarzweiß-Fassung des Filmklassikers ist.
Fazit
Für Leute, die mit Star Wars, Avatar & Co. aufgewachsen sind, heute sicherlich nur noch ein Kuriosum, dass es trotzdem dringendst anzuschauen lohnt, wenn man sich für die Ursprünge interessiert. Für nostalgische Science-Fiction-Filmfans, die den Film per se ohnehin bereits kennen dürften, ein klares Must-Have, das mit etwa 15 € für die Blu-ray im Pappschuber auch keineswegs zu teuer geraten und jeden Pfennig wert ist. Und nicht vergessen: Watch the skies!