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Das 1701-Museum in Eberswalde: Magischer Ort, wunderbare Menschen

Eberswalde

Manchmal verändert ein Besuch in Eberswalde eine ganze Menge. Wir berichten von einem magischen Ort.

© Benjamin Stöwe

Man kann sich nicht auf alles im Leben adäquat vorbereiten. Oft sind Erwartungen hinderlich oder führen in eine falsche Richtung. Wenn man jedoch bereits im Vorfeld eines Besuches an einen durchaus speziellen Ort derart oft von der Magie und dem Zauber hört, kann man sich einer gewissen Grundhaltung nicht erwehren. Spock würde sagen: das ist nur menschlich.

Bereits 2016 wurde ich von Kurator Benjamin Stöwe (u. a. bekannt als Synchronsprecher des Dr. Culber aus Star Trek: Discovery) ins kleinste Star-Trek-Museum des Universums in Eberswalde eingeladen. Dieses 1701-Museum wirbt damit, auf 17,01 m² Verschiedenes aus den Serien und Filmen des Franchise auszustellen. Über 700 Episoden, 13 Kinofilme, Bücher, Comics, Merchandise, Props und Co. aus 53 Jahren auf unter 20 m²? Wie soll das bloß gehen?

Es dauerte noch drei Jahre, bis sich die Gelegenheit ergab, die Einladung endlich anzunehmen. Für das letzte Besucherwochenende des Jahres 2019 durfte ich jedoch als Gastredner nach Eberswalde aufbrechen und meinen vielen Fragen auf den Grund gehen.

Im Keller

Da ich bereits zwei Tage früher als nötig vor Ort war, erhielt ich direkt einen kurzen Blick auf den Ort des Geschehens, der zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht von Benjamin Stöwe für die Besucher vorbereitet war.

In einem hübschen Wohnhaus zwischen Kirche und Stadtmauer im beschaulichen Eberswalde ging es direkt in den Keller. Und wie man sich einen solchen Ort vorstellen würde, handelt es sich dabei eben genau um das: einen Keller. Gänge, graue Wände, grauer Fußboden, fahles Licht. Nur wer genau hinschaut, erkennt an den isolierten Leitungen unter der Decke kleine 1701-Logos von der Enterprise oder bemerkt die nicht ganz alltägliche Gestaltung der Wände. Wie so oft im Leben ist jedoch der Kontext relevant, der hier noch komplett fehlte.

Was blieb war also zunächst Verwunderung. Was würde Stöwe hier in den folgenden Stunden tun? Wie würde sich das Museum zwei Tage später präsentieren? Zuschauen dürfen Außenstehende bei den notwendigen Arbeiten nicht. Und das ist auch gut so!

Es werde Licht

Szenenwechsel. Am frühen Samstagmorgen durfte ich erneut, noch vor den Besuchern, das Museum betreten. Das Wohnhaus war immer noch das gleiche, doch bereits an der Treppe zum Keller begrüßten nun Picard, Troi und der Borg Hugh. Drei Figuren also, die auch in der neuen Serie Star Trek: Picard auftauchen werden. Auch im Treppenbereich hingen nun große Poster und Banner aus den nächsten Projekten des Franchise.

Der bläuliche Schimmer von unten verrät dem neugierigen Besucher: hier ist wirklich eine Menge passiert. Der Ort ist nicht mehr wiederzuerkennen. Benjamin Stöwe hat nicht nur die zuvor kahlen Gänge mit Leben gefüllt und sorgt mit indirektem Licht und Soundeffekten sowie Bildschirmen für viel Atmosphäre, er erlaubt nun auch den Zugang zu den weiteren Räumen. Der Clou: Das eigentliche Museum befindet sich in einem separaten Kellerraum, der wirklich 17,01 m² klein ist, jedoch über 1000 Ausstellungsstücke beherbergt.

Darüber hinaus gibt es auch noch einen Raum, in den das Programm (wie Lesungen oder musikalische Darbietungen) läuft, zwei weitere die erkundet werden können und die bereits erwähnten Gänge. Wie in einem Raumschiff ist man hier vollkommen isoliert von der Außenwelt und vergisst diese aufgrund der Ausgestaltung binnen Minuten.

Und so unglaublich es auch erscheinen mag: Die Ausstellung ist ohne jede Frage eine Reise durch 53 Jahre, über 700 Episoden und 13 Kinofilme. Insbesondere mit etwas Zeit im Gepäck! Diese benötigt man auch dringend, um alles zu erfassen, was bei einem einzigen Besuch kaum zu schaffen ist. Kein Wunder also, dass viele Fans regelmäßig und wiederholt die Chance nutzen.

Neben einem Modell von den Originalkulissen der ersten Trek-Serie, einem Transporter, einem Turbolift und einem Shuttle sind es vor allem die kleinen Dinge, die begeistern: Masken, Figuren, Props aus den Episoden, Drehbücher, Schiffe und viele, viele Dinge, über die man nachdenken und sinnieren kann.

Auch entdeckt man bei jeder Runde etwas Neues. Dabei ist es oft auch nötig, den Blickwinkel zu verändern, in die Knie zu gehen oder sich zu strecken. In dieser Erkenntnis liegt auch ein Teil der Botschaft von Star Trek: Man muss Dinge auf verschiedene Arten betrachten, um das ganze Bild zu erfassen.

Ein besonderes Highlight, das ich am liebsten mit dem LKW zu mir nach Hause transportiert hätte, hat dann auch etwas mit Visionen, Träumen und ganz konkret mit dem Schöpfer von Star Trek, Gene Roddenberry, zu tun. Erklären kann man die Faszination dieses Bereichs kaum: Unbedingt ansehen und erleben!

Das Museum bietet dem Trekkie einen Ort, seine Gedanken durch die Jahrzehnte schweifen zu lassen, sich zu erinnern, über Zusammenhänge zu grübeln und neugierig zu sein. Die Liebe zum Detail, der Kenntnisreichtum, die Hingabe und letztlich die Borg-Perfektion mit der Benjamin Stöwe diesen Ort zum Leben erweckt ist mit Worten nicht adäquat zu beschreiben.

In diesem Zusammenhang ist es dann auch ebenso erstaunlich wie schön, dass der Eintritt frei ist. Benjamin Stöwe lebt hier eben nicht nur die Leidenschaft seiner Besucher aus, sondern auch seine eigene.

Faktor: Mensch

Neben dem Gastgeber fasziniert aber auch das Zusammentreffen mit den Fans. Wie auf Conventions zeigen sich die Trekkies auch hier als Familie, als nachdenkliche, sensible Menschen, die glücklich sind, ihrer Leidenschaft nachzugehen. In vier Gruppen erkunden sie das Museum, lauschen interessiert den Vorträgen von Stöwe und mir und verlassen schließlich glücklich und beseelt vom Geist von Star Trek diesen Ort, der genau die Magie und den Zauber ausstrahlt, von der alle Besucher später reden werden.

Stille

Doch ist ein solcher Artikel nicht der richtige Ort für zu viele Informationen. Man muss das Museum, Benjamin Stöwe und die Atmosphäre einfach live erleben.

Die Chance wird 2020 wieder bestehen, wenn es erneut Besuchertage geben soll. Bei Interesse behaltet bitte die Internetseite sowie die sozialen Netzwerke wie Twitter im Auge. Für Trekkies und solche, die es werden wollen, sollte ein Besuch außer Frage stehen.

Nach zwei wunderbaren Tagen bleibt eine simple Erkenntnis: Magie kann man nicht erzwingen, erklären oder erzeugen – man kann sie jedoch erleben.

Am Rande der Besuchertage hatte ich noch Gelegenheit, mich mit Benjamin Stöwe zu unterhalten.

Björn Sülter: Würdest du uns verraten, welche Exponate dir in der Ausstellung am wichtigsten sind?

Benjamin Stöwe: Genauso wie ich mich auf keine Lieblingsserie festlegen möchte, kann ich auch kein Lieblingsexponat benennen. Es ist in beiden Fällen die Summe, die für mich den Reiz ausmacht. Dieses große, fantastische und durch sehr unterschiedliche Figuren und ihre Geschichten lebendige Universum fasziniert mich seit meiner Kindheit. Das 1701-Museum ist der Versuch, einen Teil dieser fiktiven Zukunft greifbar und erlebbar zu machen: beim Durchschreiten des Hüters der Ewigkeit, auf der Transporterplattform oder beim Flug im Shuttle. Die nötigen Spezialeffekte entstehen dabei direkt in den Köpfen der Gäste. Für eine Reise mit Warpgeschwindigkeit ist eben nicht Dilithium entscheidend, sondern Fantasie.

So leicht können es sich die Star-Trek-Produzenten natürlich nicht machen. Am Ende muss auf dem Bildschirm oder der Leinwand etwas zu sehen sein. Deshalb sind auch die Herausforderungen einer Film- und Fernsehproduktion in Eberswalde ein Thema. Von der Idee zum Drehbuch, über Kulissenbau und Kameraarbeit, bis hin zum Schnitt und zur Synchronisation, verdeutlichen Exponate und Dokumente im 1701-Museum die vielschichtigen Abläufe einer Star-Trek-Produktion.

Björn Sülter: Wie lange besteht die Ausstellung schon und wie kam es dazu?

Benjamin Stöwe: Die Ausstellung gibt es seit 2009, das 1701-Museum in dieser Form seit 2013. Was vorher eine tote Sammlung gewesen ist, eingelagert in Kisten, hat inzwischen über 60.000 Besucher begeistert. Zuerst im Eberswalder Stadtmuseum, später in der Deutschen Raumfahrtausstellung in Morgenröthe-Rautenkranz und inzwischen an dem Ort, der eigentlich nur das Lager gewesen ist. Doch dieser Keller hat sich als der perfekt Ort herausgestellt.

Björn Sülter: Das kann ich nur bestätigen, man verliert sich komplett in der Ausstellung. Ist das auch Teil des Konzeptes?

Benjamin Stöwe: Es gibt hier keinen direkten Blick nach draußen, so lässt sich leicht die Zeit vergessen. Die Uhrzeit, aber auch das Jahr und das Jahrhundert. Die Zukunft von Star Trek wirkt hier erstaunlich nah. Und dieses Gefühl mit anderen zu teilen gibt der Sammlung einen unschätzbaren Mehrwert. Es macht einfach großen Spaß zu sehen, wie sehr die Gäste des Raumschiffs Eberswalde ihre Reise durch die Zukunft genießen, dabei oft Vertrautes entdeckten und von anderen Dingen komplett überrascht sind. Es ist zwar das vielleicht kleinste Star-Trek-Museum der Welt, aber eben doch ein ganzes Universum auf 17,01 Quadratmetern.

Björn Sülter: Vielen Dank für das Gespräch und die Einladung, Benjamin!

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf www.syfy.de und ist Eigentum von NBC Universal Global Networks Deutschland GmbH. Er wird mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.

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