Osterieds Sternenreise

Einmal quer durch Star Trek: #005: Papiermonitore, Muckis & weiße Gartenzäune

© Paramount

Peter Osteried reist durch über 50 Jahre “Star Trek” und lässt uns an seinem Rewatch teilhaben. Heute Tag 9.

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Hier geht es zur Übersicht der Reihe, sollte jemand die vorigen Ausgaben verpasst haben. Bei Tag 1 finden sich auch einleitende Worte. Wir wünschen gute Unterhaltung!

Tag 9

In den 1980er-Jahren lief Star Trek häufig beim ORF in Wiederholung. Als Grenzbewohner hatte ich den österreichischen Sender und sah so die Serie immer wieder – der Sender strahlte drei, vier Wochen lang jeden Wochentag um 18.30 Uhr eine Folge aus. Zumeist ging man mit Gestern ist morgen an den Start. Vermutlich, weil die Geschichte auch auf der Erde spielt und die Folge es damit auch Zuschauern leichter macht, die mit Science-Fiction vielleicht weniger anfangen können. Klasse ist sie aber sowieso, so wie praktisch alle Folgen, die auf der Erde spielen oder sich mit Zeitreisen befassen. Nach dem Enterprise-Unfall ist es aber kurios auf der Brücke. Hinter Spock sieht man zwei nicht funktionierende Bildschirme, und merkt, dass das dafür verwendete Papier sich gewellt hat. Gaststar Roger Perry als Captain Christopher, dem droht, auf der Enterprise bleiben zu müssen, erinnert mich heutzutage an Sean Pertwee.

Die Folge spielt Ende der 1960er-Jahre. Genauer sagt man es nicht, aber am Tag der ersten bemannten Mondlandung. Die war 1966 natürlich bereits in Vorbereitung und fand dann tatsächlich 1969 statt. Star Trek lag da ganz gut. Unklar ist aber immer noch, wann die Serie eigentlich spielt. Bei Tödliche Spiele auf Gothos wird angedeutet, es seien 900 Jahre, hier wird Kirk gefasst und sagt, als man ihm erklärt, er werde 200 Jahre lang eingekerkert, dass das in etwa hinkomme. Das deutsche Fernsehen wusste es auch nicht und machte das Jahr 2200 im Vorspann daraus. Später legten die Macher sich auf 2265 bis 2269 fest.

Kirk unter Anklage ist ein Gerichtsdrama. Aber es wäre nicht klassisches Star Trek, wenn nicht dennoch ein Weg gefunden werden würde, am Ende auch noch einen Faustkampf einzubauen. Verteidigt wird der Captain von dem von Elisha Cook Jr. gespielten Cokley, dem Besten auf seinem Gebiet. Ein echt knuffiger Kerl, der nicht nur den Humanismus propagiert, sondern vor allem auch die Macht der Bücher. Damals noch utopisch, heute nicht mehr, da e-Books immer stärker nachgefragt werden.

Landru will Ruhe. So heißt es in Landru und die Ewigkeit. Man kann ihn verstehen. Wer will nicht Ruhe? Möglich wird sie, weil die Leute unter seiner Herrschaft alle friedlich und freundlich sind. Aber die Menschen haben eben auch eine aggressive Ader, darum gibt es die Rote Stunde. Das ist im Grunde die Star Trek-Version einer Purge, nur dass keiner draufgeht, obwohl sich alle wie wild kloppen. Dies ist das erste Mal, dass Kirk einen Computer zu Tode argumentiert.

Einer der großen Klassiker der Serie ist Der schlafende Tiger. Den habe ich mehrmals gesehen, bevor ich Star Trek II – Der Zorn des Khan sah. Eine imposante Episode mit einem noch imposanteren Ricardo Montalban – und das nicht nur, weil er auch hier schon eine immense Physis offenbart (obwohl er da schon seit knapp 20 Jahren nach einem Unfall in einem Western an chronischen Schmerzen litt). Es ist aber vor allem das Duell Kirk vs. Khan, das hier so wunderbar gelingt – zuerst zivilisiert beim Essen, später dann natürlich mit den Fäusten. Als Khan und seine Leute ins Exil geschickt werden, verweist er auf Milton. Bei seinem Paradise Lost heißt es von Satan, dass er lieber in der Hölle regiert, als im Himmel dient. Eben so sieht das Khan, der auf Alpha Ceti 5 eine neue Welt aufbauen will. Am Ende fragen sich Kirk und Co., wie diese wohl in 100 Jahren aussehen wird. So lange müssen sie nicht warten.

Kuriosität der Synchronisation: Die Eugenischen Kriege wurden 100 Jahre in die Zukunft verlegt. Statt 1993 bis 1996 herrschte Khan hier von 2093 bis 2096. Vielleicht erschien dem ZDF die Zukunft der 1990er-Jahre zu nah?

Bei dem Titel Krieg der Computer könnte man meinen, dass Kirk mal wieder argumentieren darf. Aber nein, diesmal greift er zum Phaser. Die Geschichte ist hervorragend, und der Originaltitel A Taste of Armageddon sehr viel passender. Denn hier hat man eine Zivilisation, die sich mit dem Nachbarplaneten seit 500 Jahren einen Krieg liefert, bei dem nichts vernichtet wird. Er findet virtuell statt, die Menschen, die dabei sterben, haben sich dann zum organisierten Selbstmord einzufinden. Kirk will die zwei Welten zwingen, endlich von diesem angenehmen Krieg abzukommen. Ihm fehlt die Verheerung, die Zerstörung, der Hunger, die Krankheiten, das Leid, eben all das, was einen Krieg so schrecklich macht, und damit auch all das, was ein Grund ist, um endlich für Frieden zu sorgen.

Falsche Paradiese zeigt Spock lachend – zum ersten Mal seit Der Käfig. Und zum ersten Mal, seit klar ist, dass Vulkanier eben nicht lachen. Dies ist eine der seltenen Folgen, die Außenaufnahmen aufweist. Eine Welt, in der es weiße Gartenzäune gibt – wohl ein echtes Exportgut, auf das nicht verzichtet werden kann. Die Sporen, die die Leute hier am Leben erhalten, sie aber auch so friedlich machen, sind im Grunde nur der Katalysator zu einer Geschichte, in der jedermann glücklich ist, außer Kirk, der irgendwann allein im Schiff hockt. Spock einmal gefühlvoll zu sehen, ist ein faszinierender Anblick, das Ende bittersüß traurig, als er erklärt, dass er zum ersten Mal in seinem Leben glücklich gewesen ist. Übrigens mit Jill Ireland, die später die Frau von Charles Bronson wurde.

Unsere Reihe Osterieds Sternenreise – Einmal quer durch Star Trek wird lose fortgesetzt.

Dadurch ergibt sich mit der Zeit ein schönes Rewatch-Tagebuch mit sehr persönlichen Betrachtungen eines langjärigen Fans und Schreibers.

Peter Osteried schreibt auch Bücher. Dazu gehören folgende Werke:

Es lebe der Planet der Affen

Es lebe Battlestar Galactica

Die Babylon 5-Chronik – Band #1

Die Babylon 5-Chronik – Band #2

Die Babylon 5-Chronik – Band #3

Die Babylon 5-Chronik – Band #4

Die Babylon 5-Chronik – Band #5

Die Babylon 5-Chronik – Band #6

Er ist außerdem Herausgeber und Redakteur der Zeitschriften MOVIESTAR, MOVIESTAR RETRO, TV SERIEN HIGHLIGHTS und DVD BLURAY SPECIAL aus seinem IMMUNDULA VERLAG.

Die Zeitschriften gibt es auch im Shop beim Verlag in Farbe und Bunt.

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