Osterieds Sternenreise

Einmal quer durch Star Trek: #006: Verkackte Titel, falsche Bärte, Plastikkotze & Mitleid

© Paramount

Peter Osteried reist durch über 50 Jahre “Star Trek” und lässt uns an seinem Rewatch teilhaben. Heute Tag 10 und 11.

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Hier geht es zur Übersicht der Reihe, sollte jemand die vorigen Ausgaben verpasst haben. Bei Tag 1 finden sich auch einleitende Worte. Wir wünschen gute Unterhaltung!

Tag 10

Horta rettet ihre Kinder – können Titel überhaupt noch mehr Spoiler enthalten? Man weiß also, bevor die Folge beginnt, dass wohl ein Monster namens Horta existiert, und diese Kreatur ihren Nachwuchs beschützt. In der Folge selbst kommt das erst nach gut der Hälfte raus. Die Überraschung ist reichlich versaut. Danke, deutsche Titelschmiede. Dabei ist das so eine schöne Folge – typisches Star Trek, in dem nicht vernichtet, sondern nach Dialog und Konsens gesucht wird. Dabei ist der Impuls, das Böse zu vernichten, erst durchaus verständlich, auch bei Kirk, aber bei ihm setzt ein Umdenken an. Am Ende ist dies eine Lektion darüber, dass vorgefertigte Meinungen selten gut sind, dass andere Kulturen leicht missverstanden werden können, dass selbst die unterschiedlichsten Lebensformen mehr verbindet, als trennt. Übrigens läuft hier eine ganze Horde von Rothemden herum. Ganze neun Stück. Aber nur einer geht drauf. Der Rest erweist sich dafür, wie so häufig, als inkompetent und wird von Bergarbeitern überwältigt.

Die erste Begegnung mit den Klingonen gibt es in Kampf um Organia. Die Klingonen haben hier noch nicht die Stirnwülste von später. Grund: das Budget. Bei Star Trek: Deep Space Nine geht man mal darauf ein, aber Worf erklärt lapidar, dass Klingonen über diese Veränderung nicht sprechen. In Star Trek: Enterprise schwang man dann jedoch später noch die ganz große Erklärkeule. Ob das nötig war? Hier hat man immerhin John Colicos, der später Baltar bei Kampfstern Galactica war, als fiesen Klingonen Kor dabei. Sein Lieblingswort: Wahrheitsfinder. Wenn man jedes Mal einen trinken müsste, wenn er das sagt, wäre man bald ziemlich blau. Sehr schön ist das Ende, als Kirk und Kor unisono mit den Organiern diskutieren. Weil sie ein Recht darauf haben, sich gegenseitig umzubringen.

Die wohl beschissenste Folge der ganzen Serie ist Auf Messers Schneide. Die Handlung ist wirr. Irgendwas von verschiedenen Lazarus-Versionen verschiedener Dimensionen, die alles vernichten können, wenn es scheiße läuft. Oder so ähnlich. Elendig langweilig, und der Lazarus-Darsteller hat den wohl miesesten falschen Bart aller Zeiten! Nehmen wir aber diese Folge, um auf etwas zu sprechen zu kommen, das in der klassischen Serie echt toll gemacht ist – die Beleuchtung. In Großaufnahmen von Gesichtern sind diese oft so ausgeleuchtet, dass die Augenpartie hervorsticht. Das ist ein sehr dramatischer Effekt, der so auch – soweit mir bewusst – bei keiner anderen Serie genutzt wurde.

Direkt darauf gibt es aber auch die beste Folge der Serie: Griff in die Geschichte. Kirk und Spock folgen McCoy und kommen vor ihm im Jahr 1930 an, wo der Captain sich in die Pazifistin Edith Keeler verliebt. Zwar bandelt er in fast jeder Folge mit einer Frau an, hier nimmt man ihm aber ab, dass echte Gefühle im Spiel sind. Das macht das Ende umso bitterer, denn nicht nur darf er selbst Edith nicht vor einem tödlichen Unfall bewahren, er muss auch noch McCoy davor abhalten. Der Preis ist hoch. Die Episode ist perfektes Drama, eine starke Zeitreisegeschichte, und wundervoll umgesetzt. Das Skript stammt von Harlan Ellison, wurde aber noch deutlich umgeschrieben. Das Original-Drehbuch wurde vor mehr als zwei Jahrzehnten mit einem begleitenden Essay von Ellison veröffentlicht, eine Comic-Adaption gab es später. Der Vergleich kann jedem nur nahegelegt werden.

Spock außer Kontrolle ist dann das Staffelfinale. Man erfährt, dass Kirk einen Bruder hat, aber der ist auch schon tot, als man ihn trifft. Immerhin taucht er dann im Prequel Star Trek: Strange New Worlds lebendig wieder auf. Sein Neffe überlebt aber. Stellt sich die Frage: Wo wächst der eigentlich danach auf? Die Bedrohung sind hier außerirdische, fliegende Parasiten, die wie Spielzeugkotze aus Plastik aussehen. Am Beeindruckendsten ist aber die Location, die wirklich futuristisch aussieht. Gedreht wurde im Northrop Grumman Space Park in Redondo Beach.

Tag 11

Weltraumfieber ist wohl eine der ungewöhnlichsten Folgen, die das ZDF in den frühen 1970er-Jahren auswählte. Weil sie total kastriert wurde. Der sexuelle Aspekt des Pon Farr wurde heruntergespielt und wie Jahrzehnte später bei Bobby in Dallas wurde am Ende alles zum Traum erklärt. Darum durfte Spock auch mal einen Gefühlsausbruch haben und lachen. Sieht man sich die restaurierte Folge an, merkt man erst, wie viel umgestellt wurde, da hier die neuen Sprecher der Nachsynchronisation besonders umfangreich zu hören sind. Da das ZDF insgesamt ohnehin nur 39 Folgen zeigte, ist völlig unverständlich, wieso man sich bei dieser so viel Mühe machte und nicht einfach eine andere wählte. Die alte Fassung mit Spocks Krankheit und Traum wird man heutzutage kaum noch zu sehen bekommen. Die neuen Fassungen der Serie haben längst das Kommando übernommen. Neu sind hier nämlich die ganzen Raumschiffszenen und einige Location-Shots. Die wurden computeranimiert neu gestaltet, weil das alte Material für die HD-Auswertung nicht taugte. Das ist auch exzellent gemacht und fügt sich immer gut in die Folge ein – ein technologischer Kontrapunkt zum Rest ergibt sich nicht.

Weg ist damit aber auch bei jeder Folge der klassische Vorspann, wie das ZDF ihn gestaltet hat. Hier hat man den originalen, bei dem in der ersten Staffel nur William Shatner und Leonard Nimoy als Stars genannt wurden. Bei der zweiten hat sich nun auch DeForest Kelley dazugesellt, der Rest wird nach wie vor im Nachspann genannt. Vorneweg werden nun auch im Gegensatz zur ersten Staffel Autor und Regisseur genannt.

Erich-von-Däniken-Fans werden bei Der Tempel des Apoll juchheizen. Kirk und Co. treffen auf ein außerirdisches Wesen, das sich als griechischer Gott Apoll ausgibt und angebetet werden will. Gut möglich also, dass er und seinesgleichen vor Jahrtausenden auf der Erde waren und dort den Götterkult begründeten. So kurios wie eh und je sieht Jupiters grüne Energiehand aus, die die Enterprise im Griff hält. Michael Forest als Apoll ist durchaus eindrucksvoll – der Mann war echt gut trainiert. Sein weinerliches, ungläubiges „Ich bin Apoll“, als Lt. Palomas ihn als Studienobjekt bezeichnet, ist zum Schreien komisch. Am Ende tut Apoll aber nicht nur Kirk leid. Mir auch.

Unsere Reihe Osterieds Sternenreise – Einmal quer durch Star Trek wird lose fortgesetzt.

Dadurch ergibt sich mit der Zeit ein schönes Rewatch-Tagebuch mit sehr persönlichen Betrachtungen eines langjärigen Fans und Schreibers.

Peter Osteried schreibt auch Bücher. Dazu gehören folgende Werke:

Es lebe der Planet der Affen

Es lebe Battlestar Galactica

Die Babylon 5-Chronik – Band #1

Die Babylon 5-Chronik – Band #2

Die Babylon 5-Chronik – Band #3

Die Babylon 5-Chronik – Band #4

Die Babylon 5-Chronik – Band #5

Die Babylon 5-Chronik – Band #6

Er ist außerdem Herausgeber und Redakteur der Zeitschriften MOVIESTAR, MOVIESTAR RETRO, TV SERIEN HIGHLIGHTS und DVD BLURAY SPECIAL aus seinem IMMUNDULA VERLAG.

Die Zeitschriften gibt es auch im Shop beim Verlag in Farbe und Bunt.

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