Andere Welten

Event Horizon: Das Tor zur Hölle liegt im All

Filmszene aus Event Horizon: Person im Raumanzug geht durch einen Gang auf der Raumstation

Wir gehen der Geschichte und Zukunft des Streifens “Event Horizon” einmal etwas genauer auf die Spur.

© Paramount

Eine Verbeugung vor den großen Horrorklassikern

Wer liebt ihn nicht, diesen aufregenden Mix aus spannender Weltraumsaga und Gänsehaut erzeugendem Horror? Filme wie Alien (1979) von Ridley Scott haben es vorgemacht. Science-Fiction kann und darf gruselig sein und einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Kein Wunder also, dass sich Paul W. S. Anderson, der Mann, der auch für die Resident Evil-Kinoreihe verantwortlich zeichnet, unter anderem dort Inspirationen für seinen SciFi-Horrorschocker Event Horizon (1997) holte. Pate standen zudem die brillanten Klassiker The Haunting (1963) von Altmeister Robert Wise sowie Shining (1980) des genialen Kultregisseurs Stanley Kubrik. Für einen Film wie Event Horizon sind das nicht die schlechtesten Vorbilder und wer sich auf das Werk einlässt und auch nur ein wenig horroraffin ist, wird tatsächlich die eine oder andere Parallele entdecken.

Es lebt

Aus Alien übernahm Anderson das brutale Abschlachten eines hilflosen Crewmitglieds nach dem anderen. Die zwischen Realität und Illusion schwebende Pervertierung der menschlichen Seele wird in Shining thematisiert und das überall lauernde Böse, das aber bis zum Schluss nie personifiziert in den Vordergrund tritt, war eines der Kernelemente von The Haunting. Trotz dieser Reminiszenzen schaffte es Paul Anderson, eine pseudoreligiöse Mythologie aufzubauen, in der sich im Grunde genommen alles um Schuld und Sühne dreht. Die riesige Event Horizon ist mit ihrem Schwerkraftantrieb in eine Dimension vorgedrungen, die direkt Dantes fürchterlichsten Albträumen über das Inferno in der Göttlichen Komödie entsprungen sein könnte. Ein unheimliches Etwas, ein mächtiger Inkubus, oder vielleicht sogar der Teufel selbst, hat Besitz vom Raumschiff ergriffen und erfüllt es nun mit unheiligem Leben.

Die Hölle wohnt in uns

Captain Miller (Laurence Fishburne), Med Tech Peters (Kathleen Qinlan), Cooper (Richard T. Jones) und die anderen Mannschaftsmitglieder des gestrandeten Bergungsschiffs Lewis & Clark sind ihren eigenen Schuldgefühlen mit voller Wucht ausgeliefert, die das Böse rücksichtslos gegen sie verwendet, um sie in den Wahnsinn und verstörend inszenierte Tode zu treiben. Peters sieht ihren gelähmten Sohn, den sie für diese Mission zurückgelassen hat, mit pestilenzartigen Geschwülsten überzogen auf der Krankenstation. Miller begegnet einem durch seine Schuld verstorbenen Freund, der brennend aus der Kühlflüssigkeit des Raumschiffantriebes emporsteigt und nach Rache dürstet. Und der Erbauer des Höllenschiffs, Dr. William Weir (Sam Neill), wird von seiner toten Frau heimgesucht, die ihm einflüstert, dass sie von nun an auf ewig mit ihm zusammenbleiben wolle. Interessant ist, dass die Event Horizon ausgerechnet ihn erwählt, um die Qualen und Pein der Hölle auf die Crew loszulassen. Der Mensch, von dem man es eigentlich am wenigsten erwarten würde, der Wissenschaftler mit dem kühlen und analytischen Verstand, gibt sich voll und ganz dem Abartigen hin und tritt schließlich als fleischgewordenes Bildnis der Finsternis in Erscheinung, die in der Event Horizon wohnt.

Ein unterschätztes Meisterwerk?

Die recht blutige Inszenierung der bisweilen an Hieronimus Boschs Gemälde Die Hölle erinnernden Szenen wurde meist aus Einzelbildern oder Zweibildsequenzen in schnellen und kurzen Schnitten zusammengefügt und mit dem nahezu perfekten Score von Michael Kamen unterlegt. Der leider bereits 2003 verstorbene US-amerikanische Komponist arbeitete eng mit dem Technoduo Orbital zusammen. Das Zusammenspiel der Bilder in Verbindung mit dem aus Rave- und klassischen Elementen bestehenden Soundtrack verleihen dem Blick in die dunkelsten Winkel der Seelen der Protagonisten eine schaurige Tiefe, die auch heute noch ihre Wirkung nicht verfehlt. Hätte Anderson die Chance und die Zeit gehabt, seine Ideen konsequent zu Ende zu führen, hätte er das Thema noch intensiver herausgearbeitet und den Film nach seinen eigenen Aussagen wesentlich blutiger gestaltet. Doch Paramount wollte den vermeintlichen Blockbuster so schnell wie möglich in den Kinos sehen, so dass die eigentlich garantierte zehnwöchige Nachbearbeitungszeit, die jedem Regisseur vertraglich zusteht, auf sechs Wochen zusammengestrichen wurde. Außerdem war den Verantwortlichen das Werk zu brutal. Man wollte ein NC-17-Rating vermeiden, was in Deutschland einer FSK-18 entsprechen würde. Das führte zu einer wenig ansprechenden Schnittführung und einer teilweise zu langatmigen Inszenierung, was im weiteren Verlauf zu starken Kürzungen führte. Als Paramount einem Release nach dem dritten Testscreening schließlich zustimmte, waren von ursprünglichen zweieinhalb Stunden nur noch 97 Minuten übriggeblieben.

Es ist noch nicht vorbei

Am Ende ereilte Event Horizon dasselbe Schicksal, wie seine großen Vorbilder, denn sowohl The Haunting, als auch Shining und Andersons Sci-Fi-Horror floppten an den Kinokassen. Ihren heutigen Kultstatus verdanken sie dem Aufkommen des Heimkinos. Gemeinsam ist den drei Horrorklassikern auch ihr nachhaltiger Einfluss auf die Filmwelt. The Haunting (deutscher Titel: Bis das Blut gefriert) zog 1999 ein freies Remake (Das Geisterschloss) nach sich. 2018 adaptierte Netflix den Stoff im Serienformat. The Haunting of Hill House (Spuk in Hill House) wird von Steven Spielbergs Amblin Television produziert und bleibt handlungsmäßig recht nah am Original.  Der Autor der Romanvorlage zu Shining, Stephen King, war selbst nie ein großer Fan von Kubriks Verfilmung. 1997 schrieb er das Drehbuch zu einem TV-Dreiteiler, der allerdings bei den Kritikern durchfiel. Und was ist mit Event Horizon? Auch das Horrorraumschiff wird zu neuem Leben erwachen. Nachdem der von Paul W. S. Anderson angekündigte Director‘ s Cut seinen Weg auf Blu Ray und DVD immer noch nicht gefunden hat, soll der Stoff nun als Serie adaptiert werden. Inwieweit die Geschichte des Kinofilms neu interpretiert oder weitererzählt wird, ist noch nicht bekannt. Eine Serie müsste in jedem Fall eine ähnlich harte Gangart einlegen, wie das Original, um die Fans zu überzeugen. Im goldenen Zeitalter der Horrorserie dürfte das allerdings kein allzu großes Problem darstellen. Bis dahin gibt es aber noch das Original und das hat es auch dreiundzwanzig Jahre nach der Erstveröffentlichung noch in sich.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf www.syfy.de und ist Eigentum von NBC Universal Global Networks Deutschland GmbH. Er wird mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.

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