Andere Welten

Kultfilme unserer Jugend: Running Man – Arnie rennt …

© Tri-Star Pictures

Unser Reinhard Prahl blickt auf einen Kultfilm der 80er-Jahre zurück: “Running Man”.

© Tri-Star Pictures

Darum geht es

Im Jahr 2017 ist die USA zu einem faschistoiden Polizeistaat degeneriert. Arbeitslosigkeit, Hunger und Armut greifen um sich. Um die Massen im Zaum zu halten, werden über den staatseigenen TV-Sender Shows wie ›Climbing for Money‹ präsentiert, in der ein Athlet in einem Käfig ein präpariertes Seil erklettern muss, an dem Dollarscheine befestigt sind, während blutrünstige Hunde nach ihm schnappen. Die höchste Quote erzielt jedoch der barbarische Straßenfeger ›Running Man‹. Die vom Justizministerium finanzierte Fight-Show führt angeblich Kriminelle ihrer ›gerechten‹ Strafe zu, in dem man sie als sogenannte Runner eine Spielzone durchqueren lässt, in der sie von „Jägern“ auf brutalste und perverse Art zur Strecke gebracht werden sollen. Den Überlebenden wird ein Leben im Luxus in Aussicht gestellt.

Der Polizist und Hubschrauberpilot Ben Richards hat indes andere Sorgen. Eines Nachts weigert er sich, auf eine unbewaffnete Menge von Demonstranten zu schießen und wird darauf hin von seinem Team verhaftet. Der Befehl wird ausgeführt und das Massaker Richards in die Schuhe geschoben. Von nun an ist er als „Schlächter von Bakersfield“ bekannt. Achtzehn Monate später flieht er gemeinsam mit einer Gruppe ehemaliger Untergrundkämpfer aus dem Hochsicherheits-Gefängnis, wird aber einige Tage später ergriffen.

Damon Kilian, skrupelloser Erfinder und Moderator von Running Man, bietet Richards daraufhin ein Geschäft an. Seine beiden, inzwischen ebenfalls wieder inhaftierten, Freunde Mic und William werden verschont, wenn er sich freiwillig als Runner meldet. Widerstrebend sagt Ben zu, doch am Abend der Show muss er angewidert feststellen, dass Kilian in keinster Weise bereit ist, sein Wort zu halten.

Was immer Arnold sagt

Running Man gehört zu jenen Science-Fiction-Actionern, die in ihrem Entstehungsjahr gnadenlos gefloppt sind, sich aber heute – nicht zuletzt wegen ihrer Hauptdarsteller immer noch großer Beliebtheit erfreuen. Als ursprünglicher Regisseur war Andrew Davis vorgesehen, der zwei Jahre zuvor den Action-Reißer Cusack, der Schweigsame mit Chuck Norris zu einem großen Erfolg gemacht hatte. 

Davis wäre zweifelsohne die richtige Wahl gewesen, wie Schwarzenegger in seiner Autobiografie von 2014 betont: „Die Produzenten und Studio-Bosse zettelten am Set einen Putsch an, während ich ein paar Tage weg war, um für die Frühjahrswettkämpfe im Bodybuilding in Colombus in Ohio Werbung zu machen. Als ich wieder zurückkam, hatte man Andy durch Paul Michael Glaser ersetzt. […] Glaser kam von Fernsehen und drehte den Film wie einen Fernsehfilm. Dabei gingen sämtliche tieferen Nuancen verloren. […] Im Fernsehen bekommt man als Regisseur den Vertrag über einen Film, den man in der Woche darauf dreht – daswar Glasers Arbeitsfeld. Running Man schöpfte daher sein Potential nicht aus. Der Film hätte gut und gerne 150 Millionen Dollar einspielen können. Das Konzept war ausgezeichnet, doch dass man sich einen unerfahrenen Regisseur aussuchte und ihm nicht die Zeit einräumte, sich anständig vorzubereiten, war sein Ruin.“ (zitiert aus: Total Recall: Die wahre Geschichte meines Lebens, Heyne, 2014)

Eigentlich gut, aber …

Diese Einschätzung Schwarzeneggers ist retrospektiv betrachtet absolut korrekt. Tatsächlich ist Running Man ein gut inszenierter Action-Film, der durch spannende Fights, gelungene Stunts und einer guten Prise Humor für spaßige Unterhaltung sorgt.  Der Film ist darüber hinaus mit einem tollen Kostümdesign und einem eingängigen, im Ohr bleibenden Soundtrack von Harold Faltermeyer versehen.

Wer also nicht gerade die um rund sechs Minuten gekürzte Fassung in Händen hält, wird sich in typischer Arnie-Manier gut unterhalten fühlen. Darüber hinaus wirken zahlreiche bekannte Wrestler und Bodybuilder der 70er- und 80er-Jahre mit, so etwa Jesse Ventura (der mit Schwarzenegger befreundet ist und ebenfalls in Predator zu sehen ist), oder Charles Kalani Jr, der hier den Subzero gibt. Der leider kurz nach den Dreharbeiten zu Running Man an Herzversagen verstorbene Erland van Lidth dürfte einigen Fans vielleicht noch in der Rolle des Terrror in The Wanderers ein Begriff sein. Im hier besprochenen Film schmettert der ausgebildete Opernsänger als Dynamo Arien aus Wagners Walkürenritt und Figaros Hochzeit.

… doch zu wenig

Im Verbund mit der literarischen Vorlage Menschenjagd Stephen Kings, der 1982 in den USA unter dem Pseudonym Richard Bachmann veröffentlicht worden war, lagen hier also die Zutaten für einen Megaerfolg in den Startlöchern. Leider gelang es aber weder Drehbuchautor Steven E. Souza (u. a. Stirb langsam, Stirb langsam 2), noch Regisseur Paul Michael Glaser, die Stimmung des Romans einzufangen und der tiefen Gesellschaftskritik der Geschichte wirklich gerecht zu werden.

Wird im ersten Teil des Streifens noch deutlich gemacht, dass wir uns in einem faschistoiden Amerika der Zukunft befinden, das seine verarmte Bevölkerung durch pervertierte Fernsehprogramme bei der Stange hält, fällt dieser interessante Ansatz im gesamten mittleren Part leider vollkommen unter den Teppich. Im Fokus steht die Inszenierung der Gewalt als Mittel zum Zweck, ohne dass dabei tiefer auf die Thematik eingegangen würde.

Der Weg der unaufhaltsamen Kampfmaschine Ben Richards wird lediglich durch satirisch angehauchte Einblendungen des Wettgeschehens in der Live Show Running Man durchbrochen. Wenn sich ein Film aber eines derart kritischen Stoffes annimmt, sollte sein Potential bei aller kinoreifen Action-Inszenierung, dennoch ausgeschöpft werden.

Fazit

Insofern ist Arnold Schwarzeneggers Kritik an der Regiearbeit Glasners durchaus gerechtfertigt. Es wäre so viel mehr drin gewesen. Trotz allem bleibt aber ein heute zum Klassiker gereifter Science-Fiction-Actionfilm, der abgesehen von Arnies typischer Darbietung mit Coolness-Faktor einen fantastischen Richard Dawson zeigt, der als Damon Killian seine Showmasterkarriere mit Ironie und Witz parodiert.

Hängen bleiben aber vor allem die überzeugend choreografierten Kämpfe, gut gemachte Pyro-Effekte und ein passfertiges, zynisches Ende mit Happy-End. Mit etwas mehr Mut zum Zynismus, wie er etwa in Roger Cormans Death Race 2000 dargeboten wird, hätte aus Running Man tatsächlich ein Megaerfolg werden können. So konnten die Verkaufszahlen bis Dezember 1987 nicht einmal die Kosten abdecken, wenn dieses Manko auch inzwischen durch DVD- und BluRay-Verkäufe auch schon längst ausgebügelt ist. Denn auch mit seinen Schwächen ist Running Man Kult – und Arnold Schwarzenegger sowieso.

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