Andere Welten

Meteor: Schwerter zu Pflugscharen

© American International Pictures

Unser Sven Wedekin beleuchtet den Film “Meteor” aus dem Jahr 1979.

© American International Pictures

Die Besatzung des Raumschiffes Challanger II, das sich auf der ersten bemannten Expedition zum Mars befindet, wird Zeuge wie ein Komet mit dem Planetoiden Orpheus kollidiert, der daraufhin in unzählige kleinere Trümmerstücke zerfällt. Eines davon kollidiert mit dem Schiff, wodurch die gesamte Crew ums Leben kommt.

Doch damit nicht genug: Ein besonders großes Fragment von acht Kilometern Breite rast genau auf die Erde zu und wird sie in sieben Tagen treffen, was die Auslöschung allen irdischen Lebens nach sich ziehen würde. Bei der NASA fasst man daraufhin den Plan, den mit Atomwaffen bestückten Satelliten Hercules einzusetzen, in der Hoffnung Orpheus durch gezielten Beschuss zerstören zu können.

Dazu konsultiert man dessen Konstrukteur, den US-Wissenschaftler Paul Bradley (Sean Connery, Der Mann, der König sein wollte). Dieser hatte die NASA vor Jahren im Zorn verlassen, nachdem die Regierung beschloss, Hercules als Waffe gegen die Sowjetunion zu missbrauchen, obwohl er ursprünglich von Bradley für den nun eingetreten Fall entwickelt wurde einen potentiell gefährlichen Himmelskörper abzuwehren. Bradley erkennt jedoch, dass die Sprengkraft von Hercules Nuklearraketen allein nicht ausreicht, um Orpheus zu stoppen.

Daraufhin beschließt man, die Russen um Hilfe zu bitten, den diese verfügen ebenfalls über einen vergleichbar ausgerüsteten Satelliten. Nach einigen Zögern willigen sie ein an der Mission zur Rettung der Welt teilzunehmen. Doch da die Raketen der beiden Satelliten noch nie zuvor unter Realbedingungen eingesetzt wurden, ist ein Erfolg ungewiss …

Die Vereinigung zweier Genres

Ende der siebziger Jahre war die, das Blockbusterkino jener Dekade dominierende Katastrophenfilmwelle langsam am abebben und ein anderes Genre begann dafür das Interesse des Publikums auf sich zu ziehen: Durch den Megaerfolg von Star Wars gelangte das schon totgesagte Sciencefiction Genre zu neuer Blüte. Doch auch der Katastrophenfilm war noch nicht gänzlich von der Bildfläche verschwunden, daher lag es nahe diese beiden publikumswirksamen Genres miteinander zu verbinden.

Das Ergebnis war Meteor unter der Regie von Ronald Neame, der für diesen Posten eine durchaus naheliegende Wahl gewesen war. Denn schließlich hatte der Brite 1972 mit seinem Hit Die Höllenfahrt der Poseidon jene Welle von verfilmten Desastern losgetreten, deren Titel untrennbar mit den Siebzigern verbunden sind, man denke nur an Klassiker wie Erdbeben, Flammendes Inferno oder Airport.

Die Plots und die Charaktere dieser Werke sind sich im Grunde alle relativ ähnlich und folgen stereotypischen Mustern. Auch Meteor bildet hier keine Ausnahme, fügt dem dargestellten Bedrohungsszenario jedoch noch eine politische Dimension hinzu, indem er die Unsinnigkeit nationaler Egoismen angesichts der möglichen Ausrottung unserer Spezies aufzeigt.

Als der Streifen im Jahr 1979 seine Premiere feierte, steuerte der Kalte Krieg zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion auf seinen Höhepunkt zu und eine Zusammenarbeit wie sie im Film gezeigt wurde, wäre in der Realität kaum vorstellbar gewesen. Denn anders als in der Wirklichkeit werden hier Schwerter zu Pflugscharen gemacht, da ausgerechnet die vernichtendsten Waffen, die der Mensch je entwickelte dazu benutzt werden die Welt zu retten.

Der Wahnwitz des nuklearen Wettrüstens zwischen den Supermächten wurde nie zuvor und auch nie wieder danach so deutlich in einem Katastrophenfilm gezeigt. Auch spart Neame nicht an Kritik an der Engstirnigkeit des Militärs. Der von Martin Landau verkörperte General Adlon redet die Gefahr, die von Orpheus ausgeht klein, und würde die Existenz von Hercules am liebsten vor der Öffentlichkeit verheimlichen, und sei es um den Preis dafür den Tod jedes einzelnen Menschen auf der Erde zu riskieren. Man kann kommt nicht umhin Vergleiche mit Stanley Kubricks Klassiker Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben zu ziehen, der jedoch die Logik der militärischer Geheimhaltungspolitik mit den Mitteln der Satire in Lächerliche zog.

Superstars und Plastikraketen

In mancher Hinsicht kann man mit Fug und Recht sagen, dass Meteor seiner Zeit durchaus voraus war, was für einen Unterhaltungsfilm wie diesen recht ungewöhnlich ist. Von wie vielen Blockbustern unserer heutigen Zeit kann man sagen, dass sie den Ehrgeiz haben Entwicklungen der realen Welt vorwegzunehmen? Doch bedauerlicherweise werden die politisch-gesellschaftlichen Konsequenzen des nahenden Weltunterganges zugunsten der Action auch hier nur recht oberflächlich abgehandelt.

Und auch davon abgesehen bedient sich der Streifen bei den bewährten Zutaten des Genres. Dies fängt mit der Besetzung an, die sich aus der Topriege von Stars seiner Zeit zusammensetzt. Neben Sean Connery agieren Natalie Wood, Karl Malden, Brian Keith, Trevor Howard der bereits erwähnte Martin Landau sowie Henry Fonda in der Rolle des US-Präsidenten.

Und auch in Hinblick auf die Dramaturgie wagt Meteor keine Experimente. Bevor es nämlich zur verhängnisvollen Begegnung mit Orpheus kommt, wird die Erde mehrfach von kleineren Brocken aus dem All getroffen. Dabei wird das Matterhorn durch einen Volltreffer ebenso zerstört wie die Stadt Hong Kong, welche von einem Tsunami überschwemmt wird, der durch einen in den Pazifik gestürzten Meteoriten verursacht wurde. Auf dem Höhepunkt des Films schließlich wird – mal wieder, muss man sagen – New York dem Erdboden gleichgemacht. Wie auch in zahllosen anderen Actionspektakeln wird die Stadt, die niemals schläft von einer alles vernichtenden Naturkatastrophe verwüstet.

Tricktechnisch wirken diese Szenen auf den heutigen Betrachter jedoch nicht mehr ganz so eindrucksvoll, was aber nicht nur an den eingeschränkten Möglichkeiten ihres Entstehungsjahres liegt. Bereits 1979 wären weitaus überzeugendere Effekte möglich gewesen, wie es ja George Lucas mit seiner Star Wars Trilogie nur zu gut vorgemacht gemacht hat.

Wahrscheinlich haben die Gagen der namhaften Darsteller einen so hohen Anteil der Produktionskosten verschlungen, dass nicht mehr genug für eine realistischere Gestaltung der optischen Effekte übrig war. Dies ist auch in den Weltraumszenen sichtbar, denn die Atomraketen, mit denen die Menschheit verzweifelt versucht die Apokalypse zu verhindern, sehen doch sehr nach Plastik aus.

Eine dokumentarische Erzählung

Doch dem entgegen man muss Meteor zugute halten, dass er seine Geschichte auf eine weitaus seriösere Weise erzählt, als der thematisch ähnliche Armageddon von Michael Bay, denn er enthält sich aller Übertreibungen und Pathos. Während Bay sich nicht weiter um Realismus oder Glaubwürdigkeit schert, bemüht Neame sich um eine möglichst sachliche, teilweise fast dokumentarische Schilderung der Ereignisse und schafft es gerade deshalb echte Spannung zu erzeugen, anstatt den Zuschauer mit einem völlig aus dem Ruder laufenden Schnitt- und Effektgewitter zu erschlagen.

Auch ist der Film weniger rührselig als die ebenfalls artverwandte Spielberg-Produktion Deep Impact, da er sich aller aus einschlägigen Seifenopern bekannten Stilmitteln zur emotionalen Manipulation der Zuschauer enthält. Neame vertraut auf die Stärke der Geschichte und verzichtet auf unnötigen Ballast oder übertriebene Gefühlsduselei. 

Gerade die für das 70er-Jahre kinotypisch langsame Erzählweise verleiht dem Film eine gewisse Eindringlichkeit, welches aus ihm mehr macht als ein bloßes Spektakel. Der hochkarätige Cast trägt seinen Teil dazu bei, den Zuschauer emotional zu packen und mitfiebern zu lassen.

Daher ist Meteor ein Film, der allen Schwächen und logischen Brüchen zum Trotz, ein wenig zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist und der es verdient hat, wiederentdeckt zu werden. Dies gilt gerade heute umso mehr, denn wenn man sich die aktuelle Entwicklung der wachsenden Feindseligkeiten zwischen den USA und Russland ansieht, würde man sich ja fast schon wünschen, dass auch in der Realität ein Asteroid entdeckt wird, der auf die Erde zuhält und nur in einer gemeinsamen Anstrengung der beiden sich nun wieder misstrauisch gegenüberstehenden Nationen aufgehalten werden kann.

Vielleicht würden die Anführer jener beiden Staaten nur durch ein solches, die ganzen Welt bedrohendes Ereignis, zur Vernunft kommen und sich endlich darüber klar werden, dass wir alle auf diesem kleinen blauen Planeten, der verloren durch ein unendliches Universum streift, in einem Boot sitzen …

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