Es gibt Tage im Leben eines Gamers, die ihn eigentlich unendlich glücklich machen sollten, ihn aber dann noch nach vielen Jahren traurig stimmen. Ein solcher Tag war der 20. Juni 2003, der Tag, an dem nach fast drei Jahren Wartezeit endlich Star Trek: Elite Force II herauskam. In unser Retro-Gaming-Ecke erzählen wir Euch, was damals geschah.
Quake im Star Trek-Look
Star Trek: Elite Force II gehörte für den Autor dieses Artikels damals zu den am meisten erwarteten Games des Jahres. Das nicht zuletzt, weil es neben einem Wiedersehen mit dem Hazard Team aus Star Trek: Voyager – Elite Force endlich auch einen vernünftigen Multiplayer-Modus anbieten würde, der sich dank der erneut eingesetzten, aber sichtbar aufgeborten id Tech 3 Engine gar nicht mal so anders anfühlte als der berühmte Multiplayer-Shooter Quake Arena III.
Der Mehrspielerteil ließ sich über Internet und LAN spielen und fühlte sich schnell und herausfordernd an. Darüber hinaus bot er eine breite Auswahl an coolen Waffen, die man natürlich zuvor im Storymodus ausgiebig testen durfte und verfügte über einen Capture-the Flag- sowie einen Death-Match-Modus. Noch Jahre nach dem Release konnte man eine Reihe von Zockern finden, die sich gerne auf eine Partie einließen, was immer wieder auch im Chat für tolle Fan-Momente sorgte.
Die Story
Natürlich war für den gestandenen Trekkie aber die Story das Kernstück des Spiels. Die war zwar nicht mehr ganz so spannend gestrickt, wie die des Originals, schloss dafür aber nahtlos an die Star Trek: Voyager-Finalfolge Endgame (I und II) an (bzw. erzählte sie aus einer alternativen Sichtweise) und brachte das Hazard Team nach einem Zeitsprung von zwei Jahren auf der Enterprise-E kurz nach den Ereignissen aus Star Trek: Nemesis wieder zusammen.
Diesmal hieß es, eine künstlich erzeugte Spezies namens Exomorphs aufzuhalten, die vor Äonen auf dem geheimnisvollen Planeten Idryll designt worden waren und nun unter der Kontrolle des Wissenschaftlers Krindo, seines Vaters und der hübschen Kleeya (in die sich Munro wahlweise sogar verlieben durfte) standen.
Aufgrund einer Dummheit Krindos gerieten wichtige Idryll-Artefakte in die Hand des geldgierigen Ferengi Omag, der dadurch in die Lage kam, die Exomorphs unter seine Herrschaft zu zwingen. Er verkaufte dieses Wissen an eine romulanische Geheimorganisation, die den Quadranten ins Chaos stürzen wollte und letztlich vom Hazard Team unter der kundigen Leitung Munros (und damit des Spielers) aufgehalten wurde.
Die Figuren und die Waffen
Neben den Charakteren der schnellen Eingreiftruppe, die man schon aus dem ersten Teil kannte, begegnete man erfreulicherweise auch wieder dem guten Tuvok, der nun auf die Enterprise versetzt war und die Operationen des Teams erneut koordinierte. Als zweiten großen Trumpf durfte man des Öfteren mit Captain Picard, natürlich mit der Stimme von Ernst Meincke ausgestattet, sprechen.
Damit hatte es sich allerdings mit bekannten Gesichtern aus dem Trekkie-Versum auch schon erledigt. Dafür traten ein paar neue Kämpfer, wie etwa der Klingone Fähnrich Korban und der Infiltrationsspezialist Jorge Gonzales bei. Zum Arsenal zählten einige der Waffen aus Star Trek: Voyager – Elite Force, aber auch neue Schießprügel, wie das verbesserte Kompressionsgewehr, das Sturmgewehr (in etwa vergleichbar mit einer Pump Gun), ein Scharfschützengewehr und sogar ein Bat’leth für Nahkämpfe. Insgesamt befanden sich 15 fantasievolle Kampfgeräte in der Waffenkammer, mit denen man sich durch Horden von Exomorphs, Romulanern, Borg und anderen Gegnern schnetzeln durfte.
Das Gameplay
Das Gameplay unterschied sich dabei nicht grundlegend vom ersten Teil, hielt aber einige gut durchdachte Neuerungen bereit. So gab es nun einige wenige Areale wie die Akademie oder Teile der USS Enterprise-E, die etwas freier gestaltet waren, als die schlauchartigen Level, durch die man sich im Storymodus kämpfte.
Der Tricorder war nicht mehr nur ein Anhängsel, sondern diente nun dazu, blockierte Konsolen freizuschalten oder verschlossene Türen zu öffnen. Dazu hatten sich die Entwickler von Ritual Entertainment (Quake Add on, SiN) zwei Minispiele einfallen lassen, die zwar nicht sonderlich schwer, dafür aber atmosphärisch waren und durchaus Spaß machten.
Neu war auch, dass man in einigen Gesprächen aus verschiedenen Antworten wählen konnte, was beispielsweise andeutungsweise zu einer Romanze zwischen Murphy und Munro führte – oder eben nicht. Ansonsten änderte sich an der Spielweise nicht viel. Nach wie vor kämpfte man sich durch feindbesetzte Gänge, suchte Schächte, durch die man kriechen konnte, oder, was eine weitere witzige Neuerung war, sprengte hin und wieder eine Tür.
Die Grafik hatte im Vergleich zum ersten Teil kräftig zugelegt. Die Gesichter wirkten weicher und in den meisten Situationen wesentlich »lebensechter«, als im Vorgänger. Die Bewegungen fühlten sich flüssiger an, die Grafik war sehr viel detailreicher und auf den Gesichtern der Protagonisten ließ sich sogar ein Schattenspiel vernehmen. Das Klangbild war erneut grandios und lebte von den Originalsounds aus Film und Serie.
Warum dann traurig?
Alles schien also perfekt. Die Kampagne machte wahnsinnig viel Spaß, war länger als die von Teil eins und der Multiplayerpart sorgte für Langzeitmotivation. Die Kritiker überschlugen sich entsprechend mit Lob. 4PLAYERS schrieb: »Ritual Entertainment hat mit Star Trek Elite Force 2 einen wahren Volltreffer gelandet! […] Vom Gameplay her kann das Spiel sowieso überzeugen: die Levels sind detailverliebt gestaltet und sorgen in Verbindung mit den abwechslungsreichen Aufträgen für ein wirklich tolles Einzelspieler-Erlebnis […]« Und Gameswelt urteilte: »Sehr schön gemacht, Ritual, muss man abschließend sagen. Die Jungs des Entwicklers haben wohl wirklich das Letzte aus der ›Quake 3‹-Engine (gemeint ist die id Tech 3 Engine, Anm. d. Autors) herausgekitzelt. Die leichten Schwächen bei der Außenansicht können den guten Gesamteindruck nicht trüben. Pluspunkte gibt es ebenfalls für die spannende Story, die heutzutage nicht mehr selbstverständlich in PC-Spielen ist.«
Damit waren alle Anforderungen für einen weiteres Hitspiel aus dem großen Star Trek-Universum erfüllt. Das heißt: eigentlich. Denn entgegen aller Erwartungen floppte das Game und wurde damit das letzte Star Trek-Computerspiel von Activision, die über Jahre hinweg so großartige und bis heute unter Fans heiß und innig geliebte Titel wie Star Trek: Armada (I und II), Star Trek: Away Team und Star Trek: Bridge Commander herausgegeben hatten.
Dieses Wissen hinterlässt auch während des Schreibens dieses Retro-Gaming-Beitrages noch einen bitteren Geschmack im Mund des Autors, dem es großen Spaß gemacht hat, noch einmal in dieses tolle Game einzutauchen. Gäbe es doch wieder mehr davon.