Sülters Woche

Sülters Woche #001: Wer versteht Paramount?

Björn Sülter hält ein Modell der Raumstation DS9 vor seinem Gesicht

Im ersten Teil seiner Kolumnenreihe befasst sich Björn Sülter diesmal mit der Ignoranz von Paramount.

© Fotoscheune

Oh, ist die Woche schon wieder um? Dann wollen wir doch mal schauen, was in der Trek-Welt so los war.

Es hatte sich angedeutet

Heute geht es um ein Thema, das zwar nicht neu ist, gerade aber extrem an Explosivität gewonnen hat: die sogenannte Vermarktungsstrategie von Paramount in Sachen Star Trek.

Fangen wir ganz simpel an: In den USA ist nämlich alles schick. Paramount+ ist dort längst das neue Zuhause für trekkige Serien und Filme der Vergangenheit und Gegenwart. Wer Star Trek sucht und will, abonniert einfach den hauseigenen Streamingdienst und ist glücklich. Auf diese Weise enden schöne Geschichten. Unsere startet jedoch erst und ist nicht halb so erfreulich.

Hallo, Welt!

Wir leben nämlich in Deutschland, das sich zunehmend wie das Gallische Dorf am Rande der bekannten Zivilisation anfühlt. Nur, dass wir nicht von Lagern und Legionären beobachtet, sondern im Gegenteil von den Bossen Paramounts mit Ignoranz gestraft werden. Dabei gehörte Deutschland doch einst gemeinsam mit England zu den drei größten und wichtigsten Trek-Märkten. Was ist passiert?

Der Reihe nach

Lange bevor Paramount+ startete und selbst bevor der direkte Vorgänger CBS All Access die Tore öffnete, hatten die Bosse das neue Star Trek im weltweiten Streaming platziert. Discovery und Teile der Short Treks bei Netflix, Picard und Lower Decks bei Amazon Prime. So weit, so gut. Einen ersten Riss stellten die fehlenden Teile der Short Treks dar. Irgendetwas war zwischen den großen Playern vorgefallen, weswegen wir die zweite Staffel gar nicht mehr auf Deutsch zu sehen bekamen. Dieses Etwas zwischen den Parteien führte dann offenbar später auch zum großen Knall, als direkt vor Ausstrahlung der vierten Discovery-Runde der Stecker gezogen wurde und alle Inhalte um Michael Burnham in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den Streamingriesen verließen. Der Aufschrei war groß und die Reaktion folgte in Form von PlutoTV und einem kostenpflichtigen Staffelabruf bei Amazon & Co auf den Fuß. Ein Etappensieg für die Fans. Mehr leider nicht.

Zwar blieb das neue, zweite Jahr um Jean-Luc Picard bei Amazon Prime, andernorts wurde es aber zunehmend abstruser. So feierte Discovery nach satten fünf Jahren (!) doch noch eine späte FreeTV-Premiere bei TELE5 und Picard nach immerhin nur zwei Jahren eben jene bei RTLZWEI. Danach wechselt der alte Recke diesen Herbst dann übrigens ebenfalls zu TELE5. Während Netflix derweil (noch?) alle klassischen Serien im Portfolio hat und (erneut) TELE5 die meisten seit April bereits täglich zeigt, sprang nun noch RTL+ ins Boot und präsentiert die alten Helden seit Mai ebenfalls im Streaming. Star Trek überall für alle? Leider nicht, wenn es um die brandneuen Sachen geht.

Mit dem Fernrohr

Da holte man nämlich für die Synchronisation von Star Trek: Prodigy nicht nur einen wirklich tollen Voice-Cast zusammen, auch Gertie Honeck wurde als Janeway reaktiviert! Und jetzt, wo die ersten zehn Episoden vollständig beabeitet vorliegen, wurden sie bei Nickelodeon ausgestrahlt. Täglich. Zum Beispiel in Österreich!

Nichts gegen unsere Freunde in den Nachbarländern; doch muss die Frage erlaubt sein, warum sich in Deutschland niemand dafür gefunden hat. Auch wir haben schließlich ein Nickelodeon (kurz: Nick). Auch wir hätten die Serie gerne gesehen. Was geht da vor? Dass man die Episoden zudem derart freudlos versendete, macht die Sache nicht besser. Prodigy hat viel mehr Liebe und Aufmerksamkeit verdient!

Das Pike-Debakel

Doch damit nicht genug. Es gibt Menschen, die behaupten aktuell, Star Trek: Strange New Worlds sei wahlweise die Trek-Serie, auf die alle gewartet haben oder eben schlicht die beste seit 30 Jahren. Nun, das werden wir hier im beschaulichen Gallischen Dorf wohl einfach glauben müssen. Paramount+ bekommt nämlich den Deutschland-Start via Sky einfach nicht auf die Kette und offenbar hat sich auch sonst niemand für eine Ausstrahlung gefunden? Erde an PlutoTV?

Am Ende stellt sich die Frage: Warum ist es den Bossen bei Paramount derart egal, was die Fans außerhalb der USA denken? Wie kann es sein, dass Märkte wie Deutschland mit einer derart aktiven und blühenden Fanlandschaft nicht ernst genug genommen werden, um Serien, auf die alle warten, auch irgendwie verfügbar zu machen? Wir leben schließlich nicht mehr in den 90ern, als das Warten Teil des Deals war. 2022 gehen die Uhren anders. Nur nicht bei Paramount?

Fakt ist, dass der heutige US-Start der Serie um Captain Pike die meisten von uns somit vorerst nicht betrifft. Illegales Herunterladen sollte keine Option darstellen und Pressezugänge haben auch die wenigsten Fans. Aber vielleicht läuft es ja auch wie bei Discovery und der Aufschrei führt zu irgendeiner schnell herbeigestrickten Lösung. Zu wünschen wäre es uns, wenn auch dann wieder die Frage bliebe: Warum muss erst Drama her? Warum nicht vorausschauend planen und sauber kommunizieren?

Und wenn Mr. Pike dann wirklich noch nicht nach Deutschland will, schauen wir einfach ein bisschen klassisches Star Trek. Über 800 Episoden und dreizehn Filme, rauf und runter auf PlutoTV, AmazonPrime, Netflix, TELE5, RTLZWEI, VHS, DVD oder BluRay. Zumindest an dieser Front ist die Auswahl aktuell ja mehr als üppig.

In diesem Sinne: Auf eine weitere trekkige Woche. Wir lesen uns!

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