Sülters Woche

Sülters Woche #004: Kirk*2=?

Björn Sülter hält ein Modell der Raumstation DS9 vor seinem Gesicht

Im vierten Teil seiner Kolumnenreihe befasst sich Björn Sülter mit der Zukunft, die nicht nur einen Kirk und Spock zu bieten hat.

© Fotoscheune

Oh, ist die Woche schon wieder um? Dann wollen wir doch mal schauen, was in der Trek-Welt so los war.

Nur ein Satz

Es war Paramount-Boss Brian Robbins, der mit ganz wenigen Worten zum Thema Star Trek bei den Kollegen von Variety mein Kopfkino (wieder) in Gang brachte. Zwar wussten wir bereits, dass es Ende 2023 einen neuen Kinofilm geben soll, aufgrund der vielen Verschiebungen und Änderungen seit 2016 konnte sich aber ehrlicherweise niemand mehr so wirklich sicher sein. Robbins hingegen spricht aus Überzeugung über ein neues Abenteuer mit dem Reboot-Cast, der von 2009 bis zum 50. Trek-Geburtstag vor sechs Jahren immerhin drei Filme abgeliefert hatte. Doch warum bringt mich das Ganze überhaupt so zum Nachdenken?

2009 war alles anders

Als J.J. Abrams vor mittlerweile auch schon wieder dreizehn Jahren mit seinem Star Trek ein neues Kapitel für Kirk, Spock, McCoy und Co aufschlug, bewies er, dass man auch zweimal ein glückliches Castinghändchen bei den gleichen Figuren haben kann (ja, ich mag Pine, Quinto, Pegg und den Rest des Casts in den ikonischen Rollen wirklich sehr!). Doch war die Trek-Welt 2009 eine andere als heute. Damals war das Scheitern von Star Trek: Enterprise im TV und Star Trek: Nemesis im Kino schon mit einer dicken Staubschicht belegt und das Franchise lag am Boden.

Abrams reanimierte, beatmete und pflegte das Sorgenkind mit nur zwei Stunden Kinospaß wieder gesund. Es folgten der unsägliche Lasst-uns-den-tollen-Khan-Film-von-damals-nachmachen-Streifen namens Star Trek Into Darkness und der zu Unrecht kommerziell untergegangene Streifen Star Trek Beyond. Seitdem ist bis auf Gerüchte und Chaos hinter den Kulissen nichts passiert, was man sich auf irgendeiner Leinwand ansehen konnte. Höchstens auf der heimischen …

Womit wir beim Thema wären

Nach Beyond blühte das Franchise nämlich andernorts wieder auf: im Streaming! Auf Discovery folgten die Short Treks, Picard, Lower Decks, Prodigy und nun ganz frisch Strange New Worlds. Stand heute ist Star Trek kein knappes Gut mehr. Im Gegenteil: Wir leben im trekkigen Überfluss. Zwar werden uns zwei der neuen Serien in Deutschland noch vorenthalten, in den USA wissen die Fans aber schon längst nicht mehr, wo sie die Zeit für all die neuen Folgen überhaupt noch hernehmen sollen.

Das alleine könnte vielleicht schon zu der verschämten Frage führen, ob wir zusätzliche Kinofilme überhaupt noch brauchen.

Die bessere Frage ergibt sich jedoch aus dem, was voraussichtlich im Dezember auch in Deutschland via Paramount+ zu sehen sein wird: Die Abenteuer von Captain Pike, Spock, Uhura und Co auf der – genau – USS Enterprise NCC-1701. Star Trek: Strange New Worlds sorgt aktuell in den USA damit für Furore, dass die Serie genau das zu sein scheint, was viele Fans sich gewünscht haben: Retro-Trek auf höchstem Produktionsniveau, mit Abenteuern der Woche, coolen Helden, Humor, Action und bester Unterhaltung. Auf der Enterprise. Mit Spock und Uhura. Und – wie bereits bekannt ist – in Staffel 2 gegen Mitte/Ende 2023 zumindest zeitweise auch mit einem gewissen James T. Kirk, gespielt von Paul Wesley. Klingelt da was?

Wer ist denn nun wer?

Spätestens dann wird es nämlich kompliziert. Wenn Brian Robbins das durchzieht, was er zu planen scheint, fliegen nächstes Jahr zwei Schiffe mit dem Namen Enterprise durch die Gegend, auf denen die (teils) gleichen Figuren von unterschiedlichen Darsteller*innen gespielt werden. Dass die Rebootfilme in einer alternativen Zeitlinie spielen, muss man den Leuten dann vermutlich nochmal ganz langsam und von vorne erklären. Doch ob das etwas nützt? Welcher normale Kinogänger, der kein Trek-Diplom an der Memory-Alpha-Uni vorweisen kann, soll das denn noch verstehen (wollen)?

Solange die Abrams-Filme sieben Jahre lang allein auf weiter Flur waren, mag das geklappt haben. Aber jetzt, parallel zu diversen Serien, die das Jahr rauf und runter laufen, und einer davon, die – und so deutlich muss man das sagen – schlicht die richtig gelungene TV-Variante eben jener Rebootfilme ist, wird die Sache allmählich schwierig.

Ich selbst weiß nicht recht, ob ich dieser Logik folgen kann. Wirklich ausgegoren klingt der Plan auf den ersten Blick (noch) nicht. Hoffen wir, dass Mr. Robbins weiß, was er tut, oder der zweite Blick uns alle schlauer machen wird. Dabei steht für mich außer Frage: Mehr Star Trek ist nie verkehrt. Aber von der Vermarktungsseite wäre eine klare inhaltliche Abgrenzung innerhalb der Projekte dem Verständnis der potenziellen Kunden sicher zuträglich.

Im TV-Bereich gelingt das. Prodigy zielt auf die jungen Fans, kann aber auch von Älteren geschaut werden. Bei Lower Decks ist es exakt umgekehrt. Hier fokussiert man sich auf Alt-Fans, die alle Anspielungen erkennen, hält das Format aber durch die Machart auch bei Jugendlichen niederschwellig. Picard ist die Retrokeule für Fans der Next Generation, Discovery die hippe Schwester, die alle Zielgruppen ins Visier nimmt. Und Strange New Worlds zeigt nun, dass die 56 Jahre alte Formel mit heutigen Mitteln auch im TV cool für eine neue Generation sein kann.

Doch zwei Kirks, zwei Spocks und zwei Uhuras auf zwei Schiffen mit dem Namen Enterprise? Bleiben wir gespannt, wie die Macher uns diesen Spagat schmackhaft machen wollen.

In diesem Sinne: Auf eine weitere trekkige Woche. Wir lesen uns!

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