Sülters Woche

Sülters Woche #008: Der Gipfel der Doofheit

Björn Sülter hält ein Modell der Raumstation DS9 vor seinem Gesicht

Im achten Teil seiner Kolumnenreihe schlägt Björn Sülter ob der Doofheit von Paramount die Hände über dem Kopf zusammen.

© Fotoscheune

Oh, ist die Woche schon wieder um? Dann wollen wir doch mal schauen, was in der Trek-Welt so los war.

Eine neue Welt

Ich gebe es zu: Der Gipfel der Doofheit klingt als Kolumnentitel nicht wirklich verheißungsvoll und auch ein wenig böse. Daher fangen wir mal ganz entspannt und positiv an: Was die Macher rund um Alex Kurtzman seit einigen Jahren praktizieren, darf man problemlos als “erkennbaren Plan” bezeichnen. Es werden stetig neue Formate erdacht, Staffeln produziert und neue wie alte Helden (wieder)geboren. Ein Megafranchise rund um Star Trek befindet sich in der Mache und wir sind mittendrin.

Dabei schaut man seitens Paramount wohlweislich in alle Richtungen. Man versucht, die Alt-Trekkies mitzunehmen, denkt an Fans einer neuen Form von Science-Fiction, beliefert den Animationsmarkt und hat ganz gezielt auch (endlich!) die jüngeren Zuschauer im Blick. Bis zu diesem Punkt ist im Trek-Land und in dieser Kolumne noch alles im Lot.

Cleverer Schachzug

Und auch die zweite Zwischenüberschrift dieser Ausgabe von Sülters Woche beherbergt nur Gutes. Mit dem nahenden Start von Paramount+ auch in Deutschland, einem Mobile-Game zu Star Trek: Lower Decks, Comics, Romanen, unzähligen Lizenzartikeln und nun sogar einem Spiel zu Star Trek: Prodigy fährt man nach und nach immer mehr multimediale Geschütze auf.

Dass dieses Game auch noch passfertig innerhalb der ersten Staffel spielt, somit auf die kanonische Geschichte zurückgreift und alle englischen Originalsprecher an Bord hat, rundet die Sache ab.

Es besitzt zwar durchaus Schwächen im Gameplay (man denke an das Kampfsystem, das dazu angetan ist, den Spielspaß auf eine harte Probe zu stellen) und in der Aufmachung (Grafikfehler und die starre Kamera nerven und verhindern echtes Open-World-Feeling), bietet aber immerhin – ich hatte das #ausGründen erwähnt – die Originalsprecher und eine schöne, ergänzende Story, die besonders auch Kindern (!) Spaß machen dürfte. Alles richtig gemacht, Paramount?

NEIN!

Leider hat man für den deutschen Markt eine Entscheidung getroffen, die eigentlich kaum zu glauben ist. Man gab die Synchronisation des Spiels (und generell ist es ja lobenswert, dass überhaupt synchronisiert wird!) nicht an das für Star Trek: Prodigy verantwortliche Studio. Nicht so schlimm? Vielleicht nicht, wenn das andere Studio sich in irgendeiner Form gefragt hätte, ob es nicht dennoch eine gute Idee wäre, die aus der Serie bekannten Sprecher zu engagieren. Und bevor jemand fragt: Eins befindet sich in Potsdam, eins in Berlin. Es wäre also theoretisch möglich gewesen, zum Telefonhörer zu greifen und einen kurzen Plausch zu führen. Doch offenbar kam weder bei Paramount selbst, noch beim neuen Studio jemand auf diese Idee.

Das Ende vom Lied? Nicht nur die Helden der wirklich coolen Serie sprechen mit anderen Stimmen (was schon schlimm genug ist, weil es sich hier um die Identifikationsfiguren einer neuen Fangeneration handeln!), auch die allseits beliebte Kathryn Janeway wird nicht von Gertie Honeck vertont. Janeway ohne Gertie Honeck? Spürt jemand den Schlag in die Magengrube? Kaum eine Trek-Figur ist so sehr mit ihrer deutschen Stimme verschmolzen wie diese. Janeway ohne Gertie Honeck ist schlicht nicht vorstellbar. Warum also erkennt das seitens Paramount niemand? Ist es Nachlässigkeit? Gleichgültigkeit? Fehlendes Interesse?

Man muss sich das nochmal auf der Zunge zergehen lassen: Da produziert man extra ein Spiel zu genau der Serie, die junge Fans auf einem zusätzlichen Verbreitungsweg einsammeln soll, und verzichtet dann auf das, was die Serie im deutschen Markt am meisten ausmacht: die Stimmen. Es ist grotesk.

Beruhigungsversuche

Nun probieren wir es mal rational: Vielleicht war für das Spiel kein großes Budget vorhanden und die Originalsprecher hätten zu viel gekostet. Daher schätze man eventuell die Chancen, die schwarzen Zahlen zu erreichen, rein betriebswirtschaftlich als zu gering ein. Das wäre alles legitim. Ist aber ziemlich sicher Quatsch, weil die Synchronisation des Spiels nämlich richtig gut gelungen ist und ebenfalls auf tolle, passende Sprecher zurückgreift. Eben nur nicht auf die richtigen. Am Geld wird es also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gelegen haben.

Was bleibt, ist die eingangs erwähnte Doofheit, einen Gedanken mehr an die Sache zu verschwenden, als im Alltag gefordert wird. Machen wir uns nichts vor: Das Synchronstudio trifft am Ende die geringste Schuld. Dort hat man nur einen Auftrag bearbeitet. Es hätte vielmehr zwingend Paramount selbst regulierend und weisend eingreifen müssen. Doch vermutlich hat in einer langen Kette von Entscheidungen schlicht niemand drüber nachgedacht. Somit wurde hier eine Gelegenheit ungenutzt gelassen. Man bedenke: Die Kinder von heute sind die zahlungskräftigen Fans von morgen.

Wenn Paramount also, und so sieht es ja gerade aus, auf diese neue Generation setzen möchten, muss man sie auch ernst nehmen. In den USA ist das geschehen. In Deutschland leider nicht. #AusGründen. Ob wir sie je erfahren werden?

Fakt ist: Kinder können sehr gut hören, sehr gut wahrnehmen und sind nicht per Se leichter zu begeistern als Erwachsene, nur weil sie jung sind. Kinder sind sehr wählerisch. An dieser Stelle zu sparen ist unter Umständen eine miese Idee. Wir werden sehen, wohin derartige Entscheidungen führen. Für den Moment ist es einfach nur schade und unverständlich.

In diesem Sinne: Auf eine weitere trekkige Woche. Wir lesen uns!

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