Andere Welten

Bücherecke: Boris Koch: Moorläufer – Im Reich des letzten Drachen

© Knaur

In Boris Kochs neuem Fantasy-Roman folgt Birgit Schwenger „Moorläufer“ Milan in das düstere Reich des Nachtwyrm.

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Der 11-jährige Milan sehnt den Augenblick herbei, wenn auch er endlich mit 16 ein königlicher Torfstecher werden darf – so wie seine Eltern und seine große Schwester Elyn. Zwar sind die Torfstecher in seiner Heimat Nebelbruch alles andere als hoch angesehen, aber sie sind die Einzigen, die sich in die Schwarzmoore hinauswagen.

Nur dort gibt es den Nachttorf, den die Alychmisten für ihre Künste benötigen, dank derer der König von Juwaren zum mächtigsten des ganzen Kontinents, wenn nicht der ganzen Welt geworden ist. Doch die Schwarzmoore wimmeln nur so von tödlichen Gefahren: Fleischfressende Sumpfkriecher, Giftschlangen und andere bedrohliche Tiere warten im Morast verborgen auf ihre Opfer, nachts locken Irrlichter die Menschen auf falsche Pfade immer tiefer in die Moore hinein, wo der Nachtwyrm, der letzte der alten Drachen, lauert. Immer wieder bleibt einer der Torfstecher im Moor, aber sie halten ihre Ehre hoch, und die Freifrau von Nebelbruch sorgt dafür, dass der Nachschub für die Alychmisten niemals versiegt – kostet es, was es wolle.

Als einziges Tages auch Milans Schwester dem Nachtwyrm zum Opfer fällt, ändert sich sein Leben schlagartig. Nicht nur muss die Familie Elyns Verlust verschmerzen, sondern es stellt sich auch noch heraus, dass sie einen der wertvollen Moordiamanten, die allein dem König zustehen, gefunden und für sich behalten hat. Milans Familie wird hart bestraft, von Schuldgefühlen und Rachegedanken geleitet, verliert sich Milan auf längst vergessenen Pfaden immer tiefer ins Moor. Er wird zum Moorläufer, der einsam und abseits von den anderen Torfstechern seine geheimen Wege geht. Selbst als er mit 16 Jahren seine Moorweihe erhält, bleibt der Wunsch nach Ruhm und Ehre ein ferner Traum. Immer tiefer verstrickt sich Milan in die düsteren Visionen des Moors und seiner dunklen Geheimnisse. Wird auch er schließlich ein Opfer des Nachtwyrms werden und für immer im Moor bleiben?

Boris Koch auf den Spuren der Brüder Grimm

Schon mit der düsteren Fantasy-Dilogie, bestehend aus Dornenthron und Narrenkrone, hat sich Boris Koch ins Märchenreich begeben – dabei standen neben Dornröschen auch Geschichten um geheimnisvolle Schätze Pate. Diesmal bildet die karge Moorlandschaft, wie man sie aus vielen Mythen und Sagen kennt, die düstere Kulisse für seinen neuen Fantasy-Roman. Für die Menschen bedeutete das Leben in dieser unzugänglichen Gegend ein hartes Dasein voller Entbehrungen und Gefahren.

Häufig in Nebel getaucht schienen die schaurigen Moorlandschaften Geister und andere Unholde zu verbergen, die den unvorsichtigen Menschen auflauerten und ein grausames Ende bereiteten, so wie man es z. B. aus Annette von Droste-Hülshoffs Knabe im Moor oder Sir Arthur Conan Doyles Der Hund von Baskerville kennt. Die geheimnisvolle Atmosphäre des nebelverhangenen Schwarzmoores einzufangen ist Koch bestens gelungen: Man fühlt sich wie in einem Märchen, allerdings einem sehr dunklen, in dem die Menschen zu einem Leben im Elend verdammt sind und kein glückliches Ende in Sicht ist.

Jeden Tag riskieren die Torfstecher von Nebelbruch ihr Leben, um jenes besondere Torf abzubauen, das die magischen Feuer der Alchymisten nährt. Milan sieht sich vielen tödlichen und dunklen Geheimnissen gegenüber, die es zu enthüllen gilt. Wird er sein Schicksal annehmen und sich den Gefahren stellen?

Schaurig-schöne Fantasy

Bereits mit der Drachenflüsterer-Saga hat sich Boris Koch eine Fangemeinde erschrieben und bewiesen, dass Fantasy aus deutschen Landen ohne Probleme im internationalen Vergleich mithalten kann. Auch Der Moorläufer, im Mai als Klappenbroschur mit einem schaurig-schönen Cover im Knaur Verlag erschienen, muss hier keinen Vergleich scheuen, sondern profitiert vom Reichtum der deutschen (Literatur-)Geschichte, die Koch geschickt zu nutzen und in seine gruselige Moorgeschichte einzubinden weiß: Knapp 400 Seiten spannende Unterhaltung sind den Leser*innen sicher.

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