Andere Welten

Bücherecke: Peter S. Beagle: Der Weg nach Hause

© Klett-Cotta-Verlag

Der Autor des “Letzten Einhorns” hat mit “Der Weg nach Hause” einen neuen und absolut magischen Roman geschrieben.

© Klett-Cotta-Verlag

Peter S. Beagles Das letzte Einhorn ist einer der ganz großen Klassiker der Fantasy-Literatur und der Autor zählt völlig zurecht zu den ganz Großen seiner Zunft. 1961 erstmals erschienen, ist die Geschichte über Unsterblichkeit, mächtige Fabelwesen, große Helden und Zauberer heute noch immer genauso frisch und zeitlos wie damals und im April 2023 in einer sehr schönen Neuausgabe in der Hobbit-Presse erschienen.

Zur Freude seiner Leserinnen und Leser ließ Beagle 2005 die Kurzgeschichte Zwei Herzen folgen, die Fortsetzung seines wohl bekanntesten Romans, für die er 2006 mit den angesehenen Nebula- und Hugo Awards geehrt wurde und die nun dem neuen Buch vorangestellt ist.

Rückkehr in die magische Zauberwelt des Einhorns

Erneut begibt sich der Autor in die Sagen umwobene Welt des Einhorns und begleitet seine Helden in ein weiteres Abenteuer voller Mythen und Magie. Die neunjährige Sooz macht sich auf die gefährliche Reise an den Hof des Königs: Ihr Dorf wird von einem räuberischen Greif heimgesucht, der sich jeden Monat ein Kind holt. Die Ritter des Königs haben alle Versuche, den Greif zu besiegen, bislang mit dem Leben bezahlt. Wie es der Zufall – oder eine höhere Macht – will, begegnet Sooz auf ihrem Weg zum König dem großen Zauberer Schmendrick und seiner treuen Gefährtin Molly Grue.

Der König ist natürlich Lir, der aber längst nicht mehr der jugendliche Held früherer Tage ist. Alt ist er geworden und scheinbar auch senil und schwach. Einzig und allein seine Sehnsucht nach dem Einhorn hält ihn noch am Leben. Doch Sooz dringt mit ihrer Bitte zu ihm durch, wie eine Stimme aus längst vergangenen Tagen. Seine Lebensgeister beginnen erneut aufzuflackern. Gemeinsam macht sich die kleine Schar auf den Weg, den Greif zu töten, der sowohl ein Adler- als auch ein Löwenherz hat. Beide gilt es zu durchbohren, um den Greif zu besiegen. In höchster Not singt Schmendrick schließlich noch einmal das Einhorn herbei. Aber wird es die ersehnte Rettung bringen?

Wundervolle Erzählungen voller Poesie

»Sie haben überhaupt keine Ähnlichkeit mit Pferden«, stellt die mutige Sooz beim Anblick des Einhorns fest. Natürlich liegt die Zeichnung auf dem Einband genau das doch nahe. Aber vermutlich liegt es einfach jenseits der menschlichen Vorstellungskraft, sich ein echtes Einhorn vorzustellen. Das ist aber auch das Schöne an Peter S. Beagles Geschichten: Er schafft es, die Macht der Bilder in wunderbare Worte zu fassen. Seine magischen Erzählungen sind voller Poesie und stets mit einem kleinen humorvollen Augenzwinkern geschrieben und klingen noch lange in einem nach.

Das gilt auch für die zweite Geschichte des Buches, deren titelgebende Hauptfigur die inzwischen 17 Jahre alte Sooz aus Die zwei Herzen ist. Wie ihr Molly Grue einst aufgetragen hatte, pfeift Sooz an ihrem 17. Geburtstag ganz allein für sich eine offenbar magische Melodie. Es erscheint ein Mädchen, das nur wenige Jahre älter als sie selbst zu sein scheint: Es ist ihre Schwester Jenia, von deren Existenz sie bislang nichts wusste und die im Alter von vier Jahren von den Traumigen, den Feen, auch das Gute Volk genannt, in ihre Welt der Schatten und Träume fortgelockt worden ist.

Sooz kann ihre Schwester weder berühren, noch hören, aber sie weiß sofort, dass es ihre Aufgabe ist, ihre Schwester zurück nach Hause zu holen. Also macht sie sich auf den gefährlichen Weg in das Reich der Traumigen, in dem die Dinge nach ganz eigenen Regeln geschehen und viele Gefahren auf das tapfere Mädchen lauern. In ihrer dunkelsten Stunde beginnt Sooz zu zweifeln, ob sie nicht auf einem Irrweg ist und dass es ihr selbst niemals gelingen wird, den Weg zurück nach Hause zu finden. Doch gerade, als sie aufgeben will, trifft sie eine ungewöhnliche Reisegefährtin, die ihren eigenen Tod sucht, aber bereit ist, Sooz auf den richtigen Weg durch das magische Traumland zu ihrer Schwester zu führen.

Werden die beiden ihr Ziel erreichen? Wird es gelingen, ihre Schwester zu retten? Der Weg nach Hause ist eine Geschichte voller Abenteuer und Überraschungen. Nicht alles ist gut, auch Schreckliches passiert – wie im echten Leben –, aber wunderbare Dinge geschehen immer wieder und entfalten ihren magischen Zauber. Man kann gar nicht anders, als Sooz vom ersten Augenblick an ins Herz zu schließen, man bangt und leidet mit ihr und gibt die Hoffnung nicht auf, dass sie den Weg nach Hause, zurück zur Familie, zu Schutz und Geborgenheit finden werden.

Beide Geschichten sind von Cornelia Holfelder-von der Tann übersetzt worden und als als wie immer sehr schön gestaltetes gebundenes Buch in der Hobbit-Presse im Klett-Cotta-Verlag erschienen.

Klare Leseempfehlung

Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, dem seien auch die anderen Romane von Peter S. Beagle wärmstens ans Herz gelegt. Ob sein Erstlingswerk He! Rebeck!, Die Sonate des Einhorns oder Es kamen drei Damen im Abendrot – Beagles Romane versprechen literarischen Hochgenuss und im wahrsten Sinne des Wortes schöngeistige Unterhaltung, was für Fantasy-Romane keineswegs selbstverständlich ist.

Auch sein neues Buch Der Weg nach Hause überzeugt in dieser Hinsicht auf der ganzen Linie: Beagles poetische Sprache und die Herzenswärme der beiden Geschichten über ungewöhnliche Freundschaften, die Liebe und die Unsterblichkeit sowie den eigenen, ganz besonderen Platz in der Welt haben sich ihren Platz im Bücherregal redlich verdient.

Hoch
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner