Sieben Jahre sind vergangen, seit im roten, im grauen und im weißen London der Kampf gegen die dunkle Magie Osarons getobt hat. Zwar ist es den drei letzten Antari-Magiern, Kell Marseh, Lila Bard und Holland Vosijk, gelungen, Osaron zu besiegen, aber die Folgen sind noch immer überall spürbar: Kell hat – ebenso wie viele andere Bewohner des Roten Londons (so sie nicht gestorben sind) – Teile seiner Magie verloren bzw. kann den verbleibenden Rest nur noch unter starken Schmerzen nutzen. Holland ist tot, nur Lila Bard ist unbeschadet und als einzige Überlebende Antari aus dem Kampf hervorgegangen und bereist nun gemeinsam mit Kell als Kapitänin der Grauen Barron die Meere.
Die Macht der Magie
Auf Bitten Alucards hin verfolgen sie eine Spur, die Aufschluss über die Verschwörergruppe »Die Hand« bringen soll. Diese plant angeblich, das Königshaus zu stürzen und König Rhy zu ermorden, da er über keine eigene Magie verfügt. Alle drei müssen feststellen, dass sie die Gefahr völlig unterschätzt haben: Die Verschwörer haben ein magisches Artefakt entwendet, das das Gleichgewicht der vier Londons vollständig zerstören kann. Einzig Königin Nadiya Loreni scheint Maßnahmen ergriffen zu haben, um ihre Familie zu schützen, doch sind ihre Methoden dabei mehr als fragwürdig.
Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, doch sowohl die Verschwörer als auch die Königstreuen haben ihre Rechnung ohne die Tüftlerin Tes gemacht, die über eine ganz spezielle magische Fähigkeit verfügt und auf einmal zu ihrem großen Entsetzen zwischen die Fronten gerät. Außerdem ist da noch die neue kindliche Königin des Weißen Londons, Kosika, die die Nachfolge von Holland angetreten hat. Da sie über eine schier unglaubliche Macht an Magie verfügt, will sie das Werk fortsetzen, das Holland vor seinem Tod begonnen hat: Sie will dem Weißen London die Magie zurückbringen und es wieder in seinem früheren Glanz und Reichtum erblühen lassen. Doch ihre eigene Palastwache scheint sich gegen sie zu verschwören, und sie beginnt Visionen vom Untergang der Welt zu haben.
Die feinen Fäden der Erzählkunst
V. E. Schwab versteht sich bestens darauf, Spannung aufzubauen und diese auch noch permanent zu steigern. Auf 736 Seiten purer Magie kommt garantiert keine Langeweile auf. Während sich zu Beginn der Geschichte noch immer offene Wunden geheilt werden müssen, brechen schon neue Konflikte aus und altbekannte sowie neue Charaktere gleichermaßen müssen den Kampf gegen die Feinde der hellen Magie aufnehmen. Es mag helfen, sich schneller in die Geschehnisse und die Charaktere einzufinden, wenn man bereits die Vorgänger-Trilogie Shades of Magic kennt, aber es ist nicht zwingend erforderlich.
Durch geschickt eingebundene Rückblenden und Erinnerungen findet man sich auch als Neuling schnell in der Welt der vier Londons zurecht sowie in das Konzept der Magie, das in der Tat fein gesponnen ist. Auch die Figuren lernt man schnell kennen, zumal einige neue hinzukommen, die sich – genau wie neue Leser – erst in neue Umgebungen, neue Freunde und Feinde einfinden müssen, und auch nicht alles über die vorangegangenen Ereignisse wissen.
Schwab (Das unsichtbare Leben der Addie LaRue, Vicious & Vengeful) schreibt in ihren Dankesworten am Ende des Buches, das sie sich in Die Beschwörung des Lichts die sich bietende Gelegenheit genutzt hat, »die Tür zu dieser Welt einen Spalt offen zu lassen, um eines Tages wieder dorthin zurückkehren zu können.« Dies ist ihr mit Die feinen Fäden der Magie, dem ersten Band der neuen Threads of Power-Trilogie fulminant gelungen. Erstmals als gebundene Ausgabe im Fischer TOR-Verlag erschienen, überzeugt das Buch zudem mit einem an die Original-Reihe angelehnten und schön gestaltetem Cover- und Umschlagmotiv.
Das Buch ist allen gewidmet, die noch an Magie glauben. Wer sich jetzt angesprochen fühlt, sollte unbedingt zugreifen!
