Osterieds Sternenreise

Einmal quer durch Star Trek: #013: Dauerwerbesendung, Grillparty & Netzhelmgate

© Paramount

Peter Osteried reist durch über 50 Jahre “Star Trek” und lässt uns an seinem Rewatch teilhaben. Heute Tag 27 und 28.

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Hier geht es zur Übersicht der Reihe, sollte jemand die vorigen Ausgaben verpasst haben. Bei Tag 1 finden sich auch einleitende Worte. Wir wünschen gute Unterhaltung!

Tag 27

Die fremde Materie bezeichnet eigentlich keine Materie, sondern ein gestaltloses Wesen, bei dessen Anblick man wahnsinnig wird. Klar, das Völkchen heißt die Medusen. Was auch sonst? Böse ist es nicht, sondern Teil der Föderation und als Botschafter an Bord, weil die Wahnsinnsmacher eigentlich ganz dufte Navigatoren wären. Das ist auch nötig, als es das Schiff in eine andere Galaxie schleudert. Leider plätschert das alles ziemlich vor sich hin und Diana Muldaur in ihrer zweiten Gastrolle ist auch nicht gerade eine Offenbarung. Dass sie kalt und unnahbar spielen kann, ist ja auch kein Geheimnis mehr.

Aber: Das ist eine Folge mit Product Placement. Nämlich das lächerliche Amulett, das Spock an einer Kette trägt. Roddenberry baute es in die Handlung ein, weil er davon reichlich produziert hatte und sie über seine Firma Lincoln Enterprises verkaufte. Da erschien es eben perfekt, in einer Star Trek-Folge Werbung dafür zu machen. Er wollte sogar, dass Nimoy einen langen Monolog über die Bedeutung des Symbols hält, aber der weigerte sich. Recht hatte er.

Wildwest im Weltraum fand ich schon immer cool. Weil Western zu meiner Kindheitszeit auch das Nonplusultra waren. Aber auch, weil diese Westernstadt so schön surreal ist, mit Häusern, von denen es nur die Fassade gibt. Die Story war DeForest Kelley wohl vertraut. Er spielte 1957 in Zwei rechnen ab Morgan Earp. Wie es um den Kampf der Earps gegen die Clantons am O.K. Corral bestellt war, war ihm also ziemlich klar. Den Western habe ich mir nach dieser Folge auch angesehen, und weil natürlich Kelley dabei ist. Er ist gut, klassisch, toll besetzt, aber ganz ehrlich: Ich ziehe Wildwest im Weltraum vor. Weil nichts diese verdammt coole Stimmung der Folge übertrumpft.

Mit Das Gleichgewicht der Kräfte taucht der dritte Klingone auf, der später zusammen mit Kor und Koloth in Star Trek: Deep Space Nine dabei sein sollte: Kang. Die Folge selbst: einfach großartig. Nicht nur, weil es Action in rauen Mengen gibt, sondern weil sie zugleich auch ein Diskurs darüber ist, wie man aus der Spirale der Gewalt ausbrechen kann. Wenn man so will, dann ist das hier das erste Mal, dass eine echte Annäherung zwischen Klingonen und Menschen stattfindet – sozusagen die Saat, die in Star Trek: The Next Generation aufgegangen ist. Das Wesen, das Menschen und Klingonen manipuliert, will einen ewigen Krieg, weil es sich von Hass und Feindseligkeit nährt. Die Art, wie es besiegt wird, sendet eine starke Botschaft. Weil sich zeigt, dass die Feinde mehr gemein haben, als man denken sollte.

Auch interessant: Kangs Frau Mara spricht von den Folterungen und den Todeslagern, in die die Föderation sie stecken wird. Klingonische Propaganda, aber auch ziemlich genau das, was man von Föderationsseite über die Klingonen gehört hat.

Plump ist dagegen der deutsche Titel. Im Original: The Day of the Dove.

Tag 28

Die Geschichte von Der verirrte Planet konnte nie mit dem Titel mithalten. Dem Titel? Ja, nicht dem deutschen, der ist sogar völlig verkehrt, da es ja gar kein Planet ist. For the World Is Hollow and I Have Touched the Sky – das ist ein Titel mit poetischer Sprengkraft. Die Folge selbst ist solide. Ein guter Handlungsbogen für den todkranken McCoy, schöne Momente des Abschieds. Am geilsten ist aber, als Kirk erklärt, sie kommen als Freunde und das Orakel meint, ich zeige euch jetzt erstmal, was es heißt, unsere Feinde zu sein – schon gibt’s Schmerzen. Das ist so, als würde man eine Grillparty schmeißen, die Gäste kommen und dann sagt man: „Schön, dass ihr da seid. Aber jetzt gibt’s erstmal aufs Maul, damit ihr auch wisst, was euch blüht, wenn ihr euch Scheiße benehmt.“

Das Spinnennetz ist wirklich stark – und das gleich auf mehreren Ebenen. Weil Kirk verschollen ist, weil die Tholianer ein Weltraumnetz spinnen, und weil Spock und McCoy hier als amtierender Captain und Schiffsarzt aneinandergeraten. Die beste Szene ist, als sie eine Aufzeichnung des totgeglaubten Kirk ansehen, der ihnen einen Rat mit auf den Weg gibt. Die Tholianer tauchten erst wieder bei Star Trek: Enterprise auf. Da geht es auch um die U.S.S. Defiant, die hier aus dem Normalraum verschwindet. Interessant sind übrigens die Raumanzüge. Sie wurden von William Ware Theiss gestaltet. Bei den Helmen bestehen die Fenster aus feinem Netz. Bei der normalen Fernseh-Auflösung der 1960er Jahre war das nicht zu erkennen, so dass es wie Glas anmutete, aber eben beim Drehen nicht spiegelte. Bei der DVD-Auswertung und erst recht bei der HD-Umsetzung kann man die Textur des Netzes aber gut erkennen.

In Platons Stiefkinder gibt es den für das US-Fernsehen bahnbrechenden Kuss zwischen einem Weißen und einer Farbigen – Kirk und Uhura werden durch die Platonier dazu gezwungen. Das sorgte für Aufruhr bei Fernsehsendern in den amerikanischen Südstaaten. Es war aber nicht der erste gemischtrassige Kuss im Fernsehen an sich, wobei in früheren Beispielen von mittlerweile sehr obskuren Serien es eher um den Kuss eines Weißen und einer Asia-Amerikanerin ging. Das war wohl weniger tabubrechend als die Szene hier, für die Star Trek auch berühmt ist. Nicht in einer Fernsehserie, sondern einem Fernseh-Special gab es im Jahr zuvor den ersten Kuss zwischen einer Weißen und einem Schwarzen. In der Nancy-Sinatra-Show küssten sich Nancy und Sammy Davis Jr.

Die Folge selbst ist gut, aber auch brutal, zwingt Parmen mit seinen psychokinetischen Kräften doch Kirk und Spock dazu, sich vor allen zu demütigen. Am Ende wird er besiegt, weil auch Kirk und Spock diese Kräfte entwickeln. Aber dann fehlt doch irgendwie eine Auflösung. Die Platonier sollen sich quasi von selbst bessern, weil die Föderation jederzeit zurückkehren könnte. Aber was, wenn andere Spezies auf den Planeten gelockt werden?

In einem der besten Momente erklärt Kirk dem kleinwüchsigen Alexander, dass in seiner Gesellschaft solche Dinge wie Größe oder Farbe keine Rolle mehr spielen.

Unsere Reihe Osterieds Sternenreise – Einmal quer durch Star Trek wird lose fortgesetzt.

Dadurch ergibt sich mit der Zeit ein schönes Rewatch-Tagebuch mit sehr persönlichen Betrachtungen eines langjärigen Fans und Schreibers.

Peter Osteried schreibt auch Bücher. Dazu gehören folgende Werke:

Interview mit Marilyn Monroe (Roman)

Es lebe der Planet der Affen

Es lebe Battlestar Galactica

Die Babylon 5-Chronik – Band #1

Die Babylon 5-Chronik – Band #2

Die Babylon 5-Chronik – Band #3

Die Babylon 5-Chronik – Band #4

Die Babylon 5-Chronik – Band #5

Die Babylon 5-Chronik – Band #6

9783959365130

Er ist außerdem Herausgeber und Redakteur der Zeitschriften MOVIESTAR, MOVIESTAR RETRO, TV SERIEN HIGHLIGHTS und DVD BLURAY SPECIAL aus seinem IMMUNDULA VERLAG.

Die Zeitschriften gibt es auch im Shop beim Verlag in Farbe und Bunt.

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