Heute wühlen wir zwei echte SF-Klassiker aus der Retrokiste. Das britische Film-Studio Hammer machte sich ab 1958 vor allem mit den gotischen Horrorfilmen einen Namen und produzierte bis 1976 eine stattliche Anzahl rund um Dracula und Frankenstein, aber auch andere Schreckenskreaturen. Hammer gab es zuvor aber schon Jahrzehnte, in erster Linie hatte man jedoch Krimis produziert. In den frühen 1950er Jahren gab es jedoch auch zwei Science-Fiction-Filme, die hierzulande weitgehend unbekannt sind, da sie nie eine deutsche Synchronisation erlebt haben.
Ein SF-Krimi
Im Jahr 1953 kam mit Spaceways ein Film, der sich nicht so recht entscheiden kann, was er eigentlich sein will: Science-Fiction oder doch ein Krimi oder vielleicht eher ein Kalter-Krieg-Thriller? Mit all diesen Elementen spielt Spaceways, ohne jedem einzelnen davon wirklich jemals gerecht zu werden.
Einige britische Wissenschaftler entwickeln eine Rakete, die im Orbit um die Erde bleiben kann. Der ultimative Traum ist es, in wenigen Jahren eine Raumstation zu bauen. Nach dem Fehlstart einer Rakete, die es aber in den Orbit schafft, sind zwei Menschen vermisst – Phillip und Vanessa. Man glaubt, dass Dr. Stephen Mitchell sie umgebracht, in der Rakete verstaut und dann den Start initiiert hat, um so die Leichen verschwinden zu lassen. Mitchell beschließt, dass er selbst mit einer zweiten Rakete ins All muss, um zu beweisen, dass die Leichen nicht an Bord der ersten sind.
Die Effekte sind überschaubar ausgefallen. Der Film wirkt darum sehr unaufgeregt und ist im Grunde nur interessant, weil es sich um einen der frühen Ausflüge Hammers ins Phantastische handelt und Terence Fisher, der später einige der größten Hammer-Hits inszenierte, die Regie übernommen hat. Von der Brillanz seiner späteren Filme ist Fisher hier aber noch weit entfernt. Allerdings hat er auch nicht viel, mit dem er arbeiten kann – weder in Hinblick auf das Skript, noch auf das Budget.
Zudem ist der narrative Fluss nicht gerade der Beste. Im Grunde ist die Prämisse interessant, dass jemand der erste Mensch im All werden muss, um seine eigene Unschuld zu beweisen, aber es dauert praktisch ewig, zu diesem Punkt zu kommen. Der Film hält sich viel zu lange mit dem Vorspiel auf, die erste bemannte Reise ins All findet dann erst innerhalb der letzten zehn Minuten statt. Auch hier vergibt der Film Möglichkeiten, hätte man den wahren Mörder sich doch auch in die Rakete schmuggeln lassen können, um zu verhindern, dass er überführt wird. Aber diesen Weg der Spanungssteigerung vermeidet Spaceways. Stattdessen plätschert das Ganze aus und erinnert daran, dass ein Film mit einem solchen Titel Erwartungen weckt, die hier nicht erfüllt werden. Letzten Endes ist Spaceways einfach nur ein Krimi, der eben in einem minimal eingesetzten SF-Setting stattfindet.
Ein Vorläufer Frankensteins
Im Grunde kann man den 1953 in die britischen Kinos gekommenen Four Sided Triangle als so etwas wie einen Vorläufer von Frankensteins Fluch (1957) ansehen, und das nicht nur, weil beide Filme von Terence Fisher inszeniert wurden. In beiden hat man zwei Wissenschaftler, von denen einer ambitionierter, aber auch skrupelloser als der andere ist. Neu ist das Liebes-Triangel, aus dem sich der Titel ergibt, wenn aus dreien vier werden, aber immer noch nicht zwei Paare entstanden sind.
Bill und Robin sind seit ihrer Kindheit Freunde – und beide sind seit eben so langer Zeit in Lena verliebt, die ihnen bei der Entwicklung des „Reproducers“ geholfen hat, eines Geräts, mit dem jedes Objekt dupliziert werden kann. Nach Jahren entscheidet sich Lena für einen der beiden Männer. Sie heiratet Robin, woraufhin Bill den „Reproducer“ benutzt, um eine Kopie von Lena für sich selbst anzufertigen. Das funktioniert auch einwandfrei, doch das Duplikat ist zu gut. Wie das Original liebt auch die Kopie, die Helen genannt wird, Robin. Um das zu ändern, entscheidet sich Bill für ein weiteres Experiment – mit verheerenden Folgen.
Der Film befasst sich auch mit einer Science-Fiction-Thematik, die eher literarisch zu bezeichnen ist. Es geht um die Frage, was die Identität eines Menschen ausmacht. Helen, der Klon von Lena, wird dabei zur tragischen Figur, da sie einen Mann liebt, den sie nicht haben kann, und von ihren Wünschen, Vorstellungen und Möglichkeiten immer nur ein Abbild des Originals ist. Sie wird nie über Lena hinauswachsen können, was sie in pure Verzweiflung treibt – und fast in den Selbstmord. Das ist harter Science-Fiction-Stoff, der essenzielle Fragen über die menschliche Kondition stellt.
Das ist das spannendste Element des Films und hätte noch stärker in den Fokus gerückt werden müssen, während der Story-Aufbau schneller hätte vonstattengehen können. Four Sided Triangle mutet wie eine überlange Folge der Science-Fiction-Anthologie The Outer Limits (1963-1965) und wartet mit einem tragischen Ende auf.
Robin wird übrigens von John Van Eyssen gespielt, der fünf Jahre später in Terence Fishers Dracula (1958) als Jonathan Harker dabei war.
Beide Filme sind nicht der große Wurf, wer sich für die Frühzeit filmischer Science-Fiction interessiert, sollte aber ruhig einen Blick riskieren.