Analyse

Star Trek, deine Musik – Teil 3: Ideenklau, Heimweh & Upbeat-Dramen

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Um die Musik in “Star Trek” gab es immer wieder Kontroversen. Wir reisen in einer mehrteiligen Reihe durch die Geschichte.

© Paramount

Die verschiedenen Titelmelodien der Star-Trek-Serien werden von Fans gerne und oft gesummt oder diskutiert. Im dritten Teil unserer musikalischen Reihe geht es um die drei Serien der 1980er- und 1990er-Jahre und ihre verschiedenen Ansätze. Besucht mit uns die Enterprise-D, die Voyager und Deep Space Nine.

Nicht nur bei James-Bond-Filmen gehört der Vorspann sowie ein passender Song für viele Fans mit zum Gesamterlebnis dazu. Auch bei jeder neuen Star-Trek-Serie wurde schon immer ganz genau hingeschaut und hingehört. Nachdem wir uns zum Auftakt mit der Kontroverse rund um den Vorpann von Star Trek: Enterprise beschäftigt haben, ging es danach um die Originalserie Star Trek oder Raumschiff Enterprise. Heute sind die drei moderneren Serien der 1980er- und 1990er-Jahre dran: Star Trek: The Next Generation (oder Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert) sowie Star Trek: Deep Space Nine und Star Trek: Voyager (oder Star Trek: Raumschiff Voyager).

Mit geklautem Marsch ins All

Neue Serie, neues Glück. Da Star Trek: The Next Generation schon vom Namen her eine direkte Fortführung des Originals war, setzte man auf Wiedererkennungswert. Dennis McCarthy erhielt dann auch konsequenterweise den Auftrag, kein eigenständiges Thema zu komponieren, sondern aus zwei bekannten Versatzstücken etwas Neues zu basteln.

Eingeleitet wurde die neue Introsequenz mit der von Alexander Courage für Star Trek erdachten Fanfare und dem Voice-Over, das diesmal (im Original) von Patrick Stewart alias Captain Jean-Luc Picard gesprochen wurde und sich nur leicht von der Kirk-Fassung unterschied. Im Deutschen entschied man sich, nicht den Synchronsprecher des Picard zu wählen, sondern ließ stattdessen Harald Dietl ran.

Im englischen Original hieß es diesmal:

“Space, the final frontier. These are the voyages of the starship Enterprise, its continuing mission, to explore strange new worlds, to seek out new life and new civilizations, to boldly go where no one has gone before.”

Im Deutschen wich das Ganze leicht ab:

„Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir befinden uns in einer fernen Zukunft. Dies sind die Abenteuer des neuen Raumschiffs Enterprise, das viele Lichtjahre von der Erde entfernt unterwegs ist, um fremde Welten zu entdecken, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen. Die Enterprise dringt dabei in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“

Danach ging das Intro dann nach einem Warpsprung der Enterprise in ein weiteres bekanntes Versatztück über, genauer die Ouvertüre der Filmmusik des Jerry Goldsmith zu Star Trek: The Motion Picture (Star Trek: Der Film), die Roddenberry immer gefallen hatte. Der Flickenteppich funktionierte jedoch ganz wunderbar und brachte am Anfang atmosphärische Dichte und schließlich Entdeckertum und Tempo in den Vorspann. Vollgas ins Abenteuer!

In der Summe mit der visuellen Umsetzung variierten die Macher eindeutig ihr Intro zur Originalserie.

Die Vorspannmusik der sieben Staffeln kann man beispielsweise bei Youtube finden.

Infos

  • Komposition: Jerry Goldsmith & Alexander Courage, bearbeitet von Dennis McCarthy
  • Aufnahmejahr: 1987

Das Urteil

Heutzutage mag das Intro der Next Generation fraglos ähnlich angestaubt klingen, wie das der Originalserie. Auch muss man zugeben, dass der Kultcharakter bei der von Alexander Courage erdachten Musik höher liegt und sie besser gealtert ist. Der Elektro-Marsch des Dennis McCarthy, zusammengemischt aus einem Intro der 1960er-Jahre und einer Filmmusik der Siebziger passte damals perfekt zu der stark militärisch geprägten Serie und leitete die abwechslungsreichen Abenteuer schmissig ein, ihm ging aber durch diesen Ideenklau auch ein wenig die Eigenständigkeit ab.

Heute ist alles daran (auch an der visuellen Umsetzung) natürlich typisch Achtziger und muss mit der nötigen Nostalgie betrachtet und gehört werden. Dennoch steckt der TNG-Marsch für viele von uns Trekkies selbstverständlich voller wunderbarer Erinnerungen.

Entschleunigung

Rick Berman hatte seine Entscheidung bereits früh getroffen, seine Rechnung aber ohne den straffen Zeitplan des Jerry Goldsmith gemacht. Dieser hätte zwar nur zu gerne die Titelmusik zu Star Trek: Deep Space Nine geliefert, stand aber bei einer Vielzahl anderer Projekte im Wort und musste final ablehnen. Die Scores zu Filmen wie Medicine Man, Basic Instinct, Forever Young, Mr. Baseball, Love Field, Spurlos, Dennis oder Malice gingen in dieser Zeit auf sein Konto.

An seine Stelle trat Dennis McCarthy. Dieser hatte sich mit seiner Arbeit an V – Die außerirdischen Besucher kommen, MacGyver, Der Denver-Clan, The Twilight Zone oder Parker Lewis bereits einen Namen in Hollywood gemacht und gehörte selbstverständlich auch durch seine Bearbeitung der Werke seiner Kollegen Courage und Goldsmith als Titelmelodie für Star Trek: The Next Generation sowie seine Episoden-Scores längst zum festen Team Bermans.

Mit seiner Titelmelodie für Star Trek: Deep Space Nine gelang ihm ein ganz wunderbares Stück, das den Zauber dieses einsamen, abgelegenen und doch exotischen Ortes schön einfing. Insbesondere der Beginn, der uns (auch visuell) zur ersten Begegnung mit der Station hinleitete, besaß eine fast schon meditativ-hypnotische Energie.

Zurecht gewann McCarthy für seine Arbeit einen Emmy Award. Ebenfalls belohnt wurde er von Berman kurz danach mit dem Auftrag, den Score für Star Trek Generations (Star Trek: Treffen der Generationen) zu schreiben. Der heute 74jährige blieb bis zum Ende von Star Trek: Enterprise fester Bestandteil des Berman Clans.

Die Originalversion der ersten bis dritten Staffel kann man beispielsweise bei Youtube finden.

Der Beat des Bösen

Zur vierten Staffel passierte im DS9-Universum eine ganze Menge. Kurz zuvor hatte man Benjamin Sisko zum Captain befördert und Avery Brooks einen schicken Bart, der an seine Rolle des Hawk erinnerte, zur Schau getragen. Mit Start des vierten Jahres war es dann jedoch so weit, dass Michael Dorn alias Worf Teil der Crew wurde und Brooks die Transformation zum Hawk-Sisko mit einer auffälligen Glatze vollendete. Die Gründe lagen auf der Hand: Die Macher wollten der Serie mehr Geschwindigkeit, mehr Dringlichkeit und mehr Richtung verleihen.

Was inhaltlich gelang und der Serie nur weiter gut tat, wirkte sich auch auf den Vorspann aus. Wo es inhaltlich mehr als sinnvoll war, das bunte Treiben nun auch endlich in adäquate Bilder zu fassen (was aber ein wenig so wirkte, als würde man den atemlosen Vorspannsequenzen aus Babylon 5 hinterherhecheln), gelang die Neuausrichtung musikalisch nur bedingt. McCarthy pimpte seine Vorspannmelodie durch höhere Geschwindigkeit sowie eine Art Beat (den man auch als unruhigen Herzschlag mit Percussion bezeichnen könnte), der bei rund 36 Sekunden einsetzte. Vor diesem Punkt veränderte er nur Nuancen (wie die Swoosh-Effekte weiterer Runabouts). Der Beat an sich war keine schlechte Idee und brachte mehr Flow in das Thema, harmonierte jedoch an einigen Stellen nicht optimal mit der unterlegten Melodie und klang im Ansatz auch ein wenig nach Rentierglocken und brachte fast weihnachtlich-festliche Gefühle auf.

Die überarbeitete Version der vierten bis siebten Staffel kann man (in einer schönen neuen 4K-Version) beispielsweise bei Youtube finden.

Infos

  • Komposition & Remix: Dennis McCarthy
  • Aufnahmejahr: 1993
  • Remix: 1996

Das Urteil

Einfach schön! So simpel konnte man die Untermalung der ersten drei Jahre zusammenfassen. Dennis McCarthy war es gelungen, die Eigenschaften dieses besonderen Ortes in Musik zu kleiden und schuf ein episches Thema, das sofort ins Ohr ging.

Als die Serie zur vierten Staffel mehr Zug (sowie die Defiant und Worf) bekam und aus der verlorenen Station im Nirgendwo längst ein Knotenpunkt im Universum geworden war, machte sich dieser Wandel auch in der Musik bemerkbar. Ob der unterlegte Beat der Titelmelodie dabei so gut tat, ist sicher Geschmackssache. In jedem Fall gelang der Remix besser als später bei Star Trek: Enterprise, wo man in eine vollkommen falsche Richtung arbeitete. Hier hatte man zwar immer das Gefühl, Beat und Melodieführung würden sich nicht an allen Stellen gänzlich vertragen, der Schönheit des Vorspanns tat das aber letztlich keinen Abbruch.

Das Ganze blieb ein Meisterwerk des Mr. McCarthy, das auch mit dem nicht gänzlich gelungenen Remix nur ein wenig von seinem Zauber einbüßte.

Der letzte Klassiker

Nachdem Jerry Goldsmith bei der Anfrage Bermans zu Star Trek: Deep Space Nine noch hatte passen und seinen Kollegen Dennis McCarthy zum Zug kommen lassen müssen, war er nur wenige Jahre später in der Lage, die Titelmusik zu Star Trek: Voyager beizusteuern.

Der begnadete Künstler lieferte auch nach seinem Thema für Star Trek: Voyager weiter fleißig Musik für Trek. Er schrieb die wunderbaren Scores für Star Trek: First Contact (Star Trek: Der erste Kontakt) und Star Trek: Insurrection (Star Trek: Der Aufstand) sowie den sehr experimentellen (und ebenfalls gelungenen) für Star Trek: Nemesis. Jerry Goldsmith war zu diesem Zeitpunkt bereits gesundheitlich angeschlagen. Er starb im Juli 2004 an Krebs.

Mit seinen unzähligen wunderbaren Scores hat er jedoch ein Vermächtnis geschaffen, das die Zeit überdauern wird. Die Titelmelodie zu Star Trek: Voyager stellte definitiv einen der nicht raren Höhepunkte dar. Schön war auch, dass die Titelmusik sowie die Vorspannsequenz über sieben Jahre nicht verändert wurden.

Das Intro der sieben Staffeln (in einer schönen neuen 4K-Version) kann man beispielsweise bei Youtube finden.

Infos

  • Komposition: Jerry Goldsmith
  • Aufnahmejahr: 1995
  • In Star Trek: Picard erhielt die Titelmelodie mehrfach eine Würdigung in den Szenen rund um Seven of Nine. Komponist Jeff Russo adaptierte dazu einzelne Elemente und integrierte sie in seinen Score.

Das Urteil

Goldsmiths Titelmusik fing die Geschichte der USS Voyager und ihrer Crew atmosphärisch dicht ein. Sie strahlte gleichzeitig Zuversicht und Heldenmut, sowie auch ein nachdenkliches Verlangen nach der Heimkehr zur Erde aus. Die einsame Trompete zu Beginn stand dabei sinnbildlich für das verlorene Schiff auf der langen Rückreise, mit dem Einsetzen von Violinen und einer volleren Orchestrierung richtete sich der Fokus der Melodie dann mehr auf den Zusammenhalt der Crew und ihre Heldenreise.

Dass man das Ganze auch noch wunderbar visuell mit der USS Voyager unterlegte, die an verschiedenen Weltraumphänomen vorbeiflog, somit im Sinne der Sternenflotte die Wunder des Weltalls besuchte und doch nie die Reise nach Hause aus dem Fokus verlor, passte perfekt.

Vollkommen verdient gewann Goldsmith für seine Arbeit an der Titelmelodie zu Star Trek: Voyager einen Emmy Award.

In den nächsten Ausgaben geht es um die Titelmelodien der Star-Trek-Kinofilme.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf www.syfy.de und ist Eigentum von NBC Universal Global Networks Deutschland GmbH. Er wird mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.

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