Analyse

Star Trek & die Macht der Fans: Geschichte wiederholt sich

Captain Michael Burnham in Star Trek: Discovery

Björn Sülter schätzt die Macht der Fans in Bezug auf das “Discovery”-Drama ein.

© Paramount

Eine Woche lang durften wir Fans uns die Köpfe heißreden. Eine Woche lang ärgerten wir uns über die rücksichtslosen Machenschaften des großen Konzerns hinter Star Trek. Bis das fragile Kartenhaus ein zweites Mal einstürzte. Diesmal jedoch hat ViacomCBS einen Plan; einen Plan, der Hoffnung macht.

Vor gut einer Woche saßen Millionen Star Trek-Fans ungläubig vor den PCs und Laptops oder starrten auf ihre Mobilgeräte: ViacomCBS und Netflix hatten den großen Bruch angezettelt (und vor allem durchgezogen), Star Trek: Discovery flog mit den ersten drei Staffeln beim Streamingriesen innerhalb nur eines Tages raus und die kurz vor dem Start stehende vierte Staffel rund um Michael Burnham und ihre Crew verschwand für alle Länder außerhalb der USA und Kanada ins Nirvana.

Thank you for your patience!

Viel mehr fiel den Bossen bei ViacomCBS nach den von Deadline verbreiteten News dann auch nicht mehr ein. Man dankte den Fans für ihre Geduld und ließ wissen, dass die Serie irgendwann im Jahr 2022 (in Deutschland vermutlich eher gen Juni) auf Paramount+ nachgereicht würde. Bäng.

Nun, ganz so einfach akzeptierten das jedoch nur die wenigsten Fans. Der Aufschlag war riesig. Und wirklich musste man sich fragen, wer da in der Firmenzentrale ein derartiges kommunikatives Desaster nicht vorausgesehen hatte. Oder gab es schlicht keine Alternative? Vermutlich. Dennoch konnte die bemühte Gleichgültigkeit der offiziellen Mitteilung natürlich niemanden besänftigen. Let´s fly! prangte da sogar noch höhnisch am Ende der Meldung. Ernsthaft, Leute?

Doch musste man der Realität offenbar ins Auge sehen: Die 13 neuen Episoden würden monatelang auf sich warten lassen.

Eine kalte Dusche, bitte

Eine Woche lang hatten wir uns also alle in Rage geredet, als am frühen Mittwochabend die komplette Kehrtwende folgte. Im Serienbereich würde man wohl von einem äußerst überraschenden Twist sprechen. Auf der offiziellen Seite ließ man verlauten, dass man die Fans gehört habe und präsentierte einen Plan, der nun doch allen die vierte Staffel von Star Trek: Discovery nach Hause liefern soll.

Auch einige Schauspieler wie Wilson Cruz und Anthony Rapp stimmten mit ein und ließen wissen, wie hocherfreut man auch seitens der Crew über die Entwicklung sei. Rapp sprach sogar von sehr transparenten und zielgerichteten Gesprächen mit ViacomCBS. Offenbar hatte man dort den Einschlag also wirklich wahrgenommen und seitdem keine Mühen gescheut, den großen Schlamassel zumindest in eine finstere Ecke zu kehren und mit einem Plan B um die Ecke zu kommen, der die Gemüter beruhigen könnte.

Viel wichtiger als die Tatsache, dass wir die Serie nun doch “live” erleben können (denn ehrlicherweise hätten wir das Warten auch überlebt) ist aber, was uns dieser Move über den Stellenwert der Fans sagt. Die Verantwortlichen wissen, dass sie ihre Fanbase auch weiterhin brauchen. Das gilt offenbar nicht nur für die USA und Kanada sondern eben auch für den Rest der Welt. Der Bruch mit Netflix war zwar offenkundig nicht zu vermeiden, dass es nun sogar eine kostenlose Lösung für die Fans vieler Länder sowie Rabattangebote in anderen gibt, zeigt aber, wie der Hase läuft.

Obwohl wir die Wartezeit nämlich rumgekriegt und die Marke Star Trek sich davon wie so oft erholt hätte, war den Verantwortlichen das nicht genug. Sie gehen mit ihrer Aktion einen großen Schritt auf das Fandom zu und machen deutlich, dass ihnen die Stimmungslage doch nicht egal ist.

Nun müssen wir die Angelegenheit natürlich nicht überhöhen. Dennoch ist die Trek-Geschichte reich an solchen Anekdoten. Man denke an die Briefkampagnen im Rahmen der Originalserie, an die aufkeimende Convention-Szene, die den Kult neu belebte oder auch die Versuche, Star Trek: Enterprise eine fünfte Staffel zu finanzieren. Nicht immer hat alles am Ende funktioniert, die Fans waren aber immer da. Und dieses Mal waren sie es auch: nämlich auf den Barrikaden. Und was soll man sagen? Offenbar hat man sie ge- und erhört.

Ein Fazit fällt dennoch schwer. Ob man das Ganze als Gipfel der Peinlichkeit oder eine adäquate Deeskalationspolitik bewertet, spielt aber letztlich keine Rolle. Das Ergebnis zählt. Und dieses lautet, dass die Stimme der Fans noch Gewicht besitzt und es eine unerwartete und zudem wirklich gute (und schnelle!) Lösung gibt. Darauf kann man schon mal ein Romulanisches Ale trinken, oder?

Wer? Was? Wo? Wann?

Nicht auf alle guten Fragen gibt es bereits Antworten. Fakt ist aber, dass man ab Freitag die jeweils neuen Episoden (zum Start gibts sogar zwei) am Freitag, Samstag und Sonntag jeweils um 21 Uhr im Live-Stream von Pluto TV wird sehen können. Wie früher handelt es sich hier vorläufig also um feste Sendetermine und nicht um ein OnDemand-Modell. Wie man Pluto TV empfangen kann, dazu gibt es auf der Homepage des Anbieters viele übersichtliche Infos.

Zusätzlich wird mit Anbietern im OnDemand-Bereich kooperiert (Amazon Prime ist in dieser Hinsicht vermutlich ein guter Tipp), die die Episoden dann auch gegen Bezahlung anbieten werden. Eventuell wird es hier auch eine O-Ton-Option geben, sicher ist das aber noch nicht. Wir halten euch auf dem Laufenden, sobald es Neuigkeiten dazu gibt.

Vermutlich werden sich die meisten Fans aktuell fühlen, wie der von Wil Smith in Independence Day gespielte Captain Steven „Steve“ Hiller. Der trat damals den fiesen Aliens gehörig in den Allerwertesten (“Wer ist hier der Boss?”), um später dann die wohlverdiente Siegeszigarre (Big Mama) zu rauchen. Nun, jede und jeder darf die Sache natürlich auf ihre oder seine Weise feiern. Fakt ist aber: Der Aufschrei der Fans war groß genug, damit die Bosse von ViacomCBS nicht nur nach Lösungen gesucht, sondern auch praktikable gefunden haben. Für die Fans!

Wenn man in Zukunft von Deeskalation am Kunden spricht, wird dies vermutlich ein immer wieder gern zitiertes Beispiel sein. Großer Knall und Rolle rückwärts in nur einer Woche: Star Trek ist noch zu einer ganzen Menge Drama fähig.

Schön, dass wir am Ende dieser kleinen Trek-Anekdote mit einem guten Fan-Gefühl das tun dürfen, was wir eigentlich die ganze Zeit nur wollten: neues Star Trek schauen.

In diesem Sinne passt dann jetzt sogar Burnhams Lieblingsspruch: Viel Spaß bei der vierten Staffel und let´s fly!

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf www.syfy.de und ist Eigentum von NBC Universal Global Networks Deutschland GmbH. Er wird mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.

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