Unser Reinhard Prahl reist für euch zurück und nimmt sich die dritte Staffel von Star Trek: Discovery in Einzelrezensionen vor. Jemand Lust auf einen Rewatch, bevor Paramount+ im Dezember die vierte Staffel nach Deutschland bringt?
Inhalt
Michael landet in der Zukunft, doch ihr Anzug wird so stark beschädigt, dass sie ihn aufgeben muss. Nur mit einem Überlebens-Kit bewaffnet macht sie sich auf, um herauszufinden, auf welchem Planeten sie sich befindet und trifft auf den Gauner Book.
Nach einer zünftigen Schlägerei fasst Burnham zu dem sympathischen Kurier Vertrauen und erfährt, dass die Föderation nach einer großen Katastrophe nur noch ein Schatten ihrer selbst und die Sternenflotte in alle Winde zerstreut ist.
Das Versprechen zu helfen, entpuppt sich allerdings schnell als mieser Trick, denn Book raubt Burnham kurze Zeit später aus. Doch ihre Wut verraucht schnell, denn Book ist nicht der gewissenlose Gangster, der er zu sein scheint.
Burnham kotzt
Nach der stark umstrittenen zweiten Staffel hatten sich die meisten Fans auf eine Neuausrichtung der Serie in einer weit entfernten Zukunft gefreut. Der zwar technisch toll gemachte, dafür aber inhaltlich auch völlig überzogene Teaser der ersten Episode der dritten Season sorgt aber zunächst einmal für einen kurzen Frustmoment.
Bis auf die erfreuliche Optik stimmt an den ersten zwei Minuten so gut wie nichts. Burnhams Zusammenstoß mit Books Kurierschiff ist ebenso unglaubwürdig, wie ihr fast unproblematischer Absturz auf eine fremde Welt. Zudem haben sich Kurtzman und Co auch noch eindeutig bei Star Wars bedient. Eine Echse, die einen Schmetterling frisst und dabei beobachtet, wie zwei seltsame Objekte, schwarze Rauchfahnen hinter sich herziehend, vom Himmel fallen? Hatten wird so etwas Ähnliches nicht schon? Da kotzt Burnham doch völlig zurecht, sollte man meinen.
Allen Unkenrufen zum Trotz entwickelt sich That Hope Is You aber dann zu einem sehr unterhaltsamen Einstieg. Oatunde Osunsanmi leitet das erste Aufeinandertreffen zwischen Book und Burnham mit einer rasant geschnittenen, actionreichen Prügelei ein. Auch, wenn es bei manch alteingesessenen Nostalgiker noch nicht angekommen sein mag, doch auch das darf Star Trek sein, vor allem in den 2020er Jahren.
Book ist ein sympathischer Gauner, der, nicht ganz zu Unrecht, in den sozialen Netzwerken gerne mit dem nettesten aller netten Schurken, Han Solo verglichen wird. Dass Cleveland Booker aber doch etwas mehr Komplexität zu bieten hat, macht die letzte Szene mehr als deutlich.
Gefühlsduselei
Über Sonequa Martin-Greens Interpretation von Michael Burnham mag man wiederum denken, was man will. Ihre Gefühlsausbrüche passen hier situativ gesehen wie die Faust auf das sprichwörtliche Auge und sind erstklassig gespielt. Die Offizierin hat immerhin alles hinter sich gelassen, was ihr lieb und teuer war und hat jedes Recht auf ein wenig Gefühlsduselei.
Insofern ist das ständige Gemecker darüber, dass sie ja auf Vulkan aufgewachsen sei und daher doch wesentlich emotionsärmer agieren müsste, ein wenig aus der Luft gegriffen. Burnham ist letztlich ein Mensch, und auch, wenn so manches Geheule in den ersten beiden Seasons die Grenze des Rührseligen weit überschritten hat, hier und jetzt passt ihr Verhalten zu ihrer nachvollziehbaren Gefühlslage.
Dass Alex Kurtzman es actiongetrieben mag, ist zudem seit Langem kein Geheimnis mehr. Es verwundert also kaum, dass Books und Burnhams Besuch in Requiem entsprechend schnittig in Szene gesetzt ist. Book entpuppt sich als zwar charmanter, aber doch egoistischer Gauner und raubt Burnham erst einmal aus, nachdem er sie eine Falle tappen lässt. Michael wird von den Sicherheitsleuten des Merkantils auch prompt verhaftet und dann auch noch zu ihrem Leidwesen mit Drogen vollgepumpt.
Und endlich darf Martin-Green zeigen, dass auch ein wenig komödiantisches Talent in ihr schlummert. Wäre es notwendig gewesen, sie bedröhnt so wild drauflosquatschen zu lassen, dass sie selbst Tilly in den Schatten stellt? Nein, natürlich nicht. Andererseits, warum eigentlich nicht? Die Szene lockert die Figur ein wenig auf und durchbricht das ständige Schwanken zwischen viel zu ernst und gefühlsduselig auf angenehme Weise. Die sich anschließende Flucht, die dann doch ungewöhnliche Rettung der beiden vor ihren Verfolgern und die Offenbarung von Books wahrer Berufung runden die Episode ab. Am Ende wartet dann noch einer der vielleicht schönsten Star Trek-Momente der letzten Jahre auf den gerührten Zuschauer.
Fazit
Bis auf einen zu überzogenen Beginn bietet That Hope Is You nette Unterhaltung auf technisch hohem Niveau. Dem einen mag ein wenig zu viel Kurtzman in der Folge stecken, der andere erfreut sich an routiniert inszenierten Actionszenen und einem trekkigen Ende, dass mit Emotionen und ein wenig Pathos gespickt, Lust auf mehr macht. Ein guter Beginn für die dritte Staffel.
LESETIPPS!
Der Journalist und Autor Reinhard Prahl ist abseits seiner Arbeit für Planet Trek unter anderem auch als Autor von Sachbüchern sehr aktiv. Seine aktuellen Publikationen sind:
- Es lebe Firefly (bereits erschienen, Link führt in den Verlagsshop)
- Die Star-Trek-Chronik #3 (erscheint Dezember 2022, Link führt in den Verlagsshop)